Arbeitsrecht

Arbeiten am Schmelzpunkt

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Berlin -

„Bei Ihnen ist es aber schön kalt, hier bleibe ich“, hörte so mancher Apothekenmitarbeiter in den vergangenen Tagen. Wohl dem, der in einer klimatisierten Apotheke arbeitet, denn vorgeschrieben ist eine Klimaanlage nicht. Wenn die Offizin zum Backofen wird, sind Schwitzen und mit mögliche Konzentrationsaussetzer angesagt. Auf Hitzefrei dürfen die Mitarbeiter dennoch nicht hoffen, aber die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) schützt immerhin indirekt die Arbeitnehmer.

§ 4 legt fest: Für Medikamente muss „eine Lagerhaltung unterhalb einer Temperatur von 25 Grad möglich sein“. Höher sollte die Temperatur also auch in der Offizin nicht sein. Apothekenmitarbeiter profitieren also vom Schutz der Arzneimittel. Wer keine Klimaanlage hat, versucht durch Markise oder Ventilator die vorgeschriebene Höchsttemperatur nicht zu überschreiten. Lüften sollte man nur bis etwa 10 Uhr, spätestens ab 11 Uhr sollten Fenster und Türen geschlossen und dadurch die Hitze draußen bleiben. Im Apothekenalltag ist dies jedoch nicht umsetzbar.

Nicht nur die Qualität der Arzneimittel leidet mit steigender Temperatur, sondern auch die Konzentration der Mitarbeiter. Klettert das Quecksilber auf mehr als 22 Grad gehen Leistungsfähigkeit und Konzentration mit jedem Grad mehr um etwa 5 Prozent zurück. Die technische Regel für Arbeitsstätten setzt eine Maximaltemperatur von 26 Grad am Arbeitsplatz fest. „Führt die Sonneneinstrahlung durch Fenster, Oberlichter und Glaswände zu einer Erhöhung der Raumtemperatur über 26°C, so sind diese Bauteile mit geeigneten Sonnenschutzsystemen auszurüsten. Störende direkte Sonneneinstrahlung auf den Arbeitsplatz ist zu vermeiden.“

Übersteigt die Temperatur 30 Grad, dürfen Geräte, die zusätzliche Wärmequellen sein können, ausgeschaltet werden. Eine Alternative bietet das Arbeiten in Gleitzeit. Ab 35 Grad gelten Räume endgültig nicht mehr als adäquate Arbeitsumgebung. Nach Hause gehen darf man dennoch nicht: Dem Chef muss die Möglichkeit gegeben werden, Abhilfe zu schaffen.

Nicht alle Maßnahmen für einen kühleren Arbeitsplatz sind für die Apotheke praktikabel. Umsetzbar wäre beispielsweise eine Lockerung der Kleiderordnung. Kittel sind nicht in jeder Offizin Pflicht, einzig bei der Arbeit in Rezeptur und Labor darf nicht auf sie verzichtet werden. So kann beispielsweise in Backoffice und Offizin auf Poloshirts umgestiegen werden. Auch geschlossene Schuhe und lange Hosen könnten in Absprache mit dem Inhaber im Schrank bleiben. Jedoch sollten Shorts, Röcke und Kleider nicht zu kurz und freizügig ausfallen.

An heißen Tagen sollten Apothekenmitarbeiter ohnehin auf luftdurchlässige Kleidung umsteigen. Angenehm sind Stoffe, die Feuchtigkeit nach außen leiten. Leinen ist dabei besser als Baumwolle. Wer stark schwitzt, sollte Wechselkleidung in der Apotheke lagern. Zwischendurch kann ein Eis eine willkommene Abkühlung und kurze Pause sein. Wer wegen der Hitze mit schweren geschwollenen Beinen zu kämpfen hat, kann mit Kompressionsstrümpfen und Wechselduschen entgegenwirken.

Angestellte sollten vor allem auf eine ausreichende Trinkmenge achten, denn der Körper versucht durch Schwitzen herunter zu kühlen. Beträgt bei „normalen“ Temperaturen die empfohlene Trinkmenge etwa anderthalb bis zwei Liter, liegt diese im Sommer höher. Denn an heißen Tagen steigt der tägliche Wasserverlust auf das zwei- bis dreifache. Schwindel, Müdigkeit, Kreislaufbeschwerden oder Konzentrationsschwäche können die Folgen sein. Mineralwasser, Brühe oder ungesüßte Tees sollen bevorzugt werden und nicht direkt aus dem Kühlschrank kommen.

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