Biosimilars wie Generika zu behandeln: Das bedeutet, dass Krankenkassen über Rabattverträge den Markt steuern und Apotheken ohne Rücksprache mit den Arztpraxen austauschen dürfen beziehungsweise müssen. Das spart Kosten, birgt aber Risiken wie Lieferengpässe, eingeschränkte Therapietreue und Abhängigkeit von wenigen Herstellern. Während die Kassen Druck machen, warnt die Industrie vor Gefahren. Auf einem Symposium der AG Pro Biosimilars wurde diskutiert, welche Folgen eine automatische Substitution biopharmazeutischer Fertigarzneimittel hätte.
Die Ausweitung würde bedeuten, dass Krankenkassen auch bei Biosimilars exklusive Rabattverträge abschließen können. Das Problem: Bei Generika führte diese Sparpolitik bereits zu Lieferengpässen und Produktionsverlagerungen. Außerdem wandern Hersteller an andere Standorte ab. Gleichzeitig wachsen aber auch die Finanzierungsprobleme der Krankenkassen.
Walter Röhrer, Vorsitzender der AG Pro Biosimilars, sagte über die aktuelle Diskussion im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA): „Es macht das Gleichgewicht kaputt, die Versorgung wird unsicher.“ Tino Sorge (CDU) als parlamentarischer Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG) pflichtet ihm bei. „Die Diskussion ist bereits voll entbrannt, es ist eine Strukturdebatte. Wir müssen uns fragen: Was macht das mit dem Gesamtsystem?“
Im BMG habe man die Problematik zum Austausch von Biosimilars auf dem Schirm. „Wir wissen, dass das Thema sehr wichtig ist für die Entwicklung der Engpässe. Auch der Standort der produzierenden Firmen ist wichtig“, betonte Sorge.
Das Problem sei aber weiterhin das Ausgabevolumen: „Es muss finanzierbar sein.“ Für die Politik sei es gut, das es den G-BA gebe. Zudem gehe der Pharmadialog los: „Die Spirale im generischen Bereich darf sich nicht fortsetzen. Die Versorgungssicherheit bleibt wichtig, denn wir bekommen gesellschaftliche Probleme, wenn die Versorgung nicht funktioniert“, stellte Sorge klar.
Detlef Böhler, Leiter Arzneimittel der Barmer, erklärte: „Die Kosten müssen für die Versicherten so gering wie möglich bleiben. Der Beitragssatz soll möglichst nicht steigen.“ Ihm sei klar, „in welchem Spannungsfeld wir unterwegs sind“. Aber kann man es sich leisten „zu warten, bis der Marktanteil der Biosimilars entsprechend hoch ist“?
Man müsse gemeinsam vermitteln, sodass die Compliance der Patient:innen erhalten bleibe. „Die Angst vor Ausschreibungen muss genommen werden“, erklärte Böhler. Deswegen laute sein Appell an die Hersteller: „Geben Sie vernünftige Rabatte. Rabattverträge sind kein Schreckgespenst.“ Mehr noch: „Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass Rabattverträge alles kaputtmachen.“
Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, entgegnete: „Apotheken sorgen massiv für die Compliance der Patient:innen. Wir haben aktuell mit sehr viel Nonadhärenz, etwa 50 Prozent“, schätzt sie. Probleme mache unter anderem der Austausch von Applikationsformen, wie beispielsweise Pen auf Fertigspritze.
„Beipackzettel werden länger oder es steht etwas anderes darin. Die Patienten haben schnell Angst. Für uns Apotheken ist das psychologisch fast nicht machbar“, machte Overwiening klar. „Wir führen hier eine Scheindebatte, denn die betroffenen Menschen müssen die Therapie mittragen. Erst dann können wir auch kostengünstige Therapien durchsetzen.“
Eins sei klar: „Der Überbringer der Nachricht zu Engpässen wird geköpft – und das sind wir in den Apotheken vor Ort, also diejenigen, die direkt am Patienten sind.“ Ihr Appell an die Ärzte und Kassen lautete deshalb: „Sorgen Sie für mehr Verständnis für die Apotheken, holen Sie die Patienten mehr ab und kommunizieren Sie transparenter.“
Zudem sei die Dokumentation schon sehr umfangreich und würde bei weiterem Austausch nur noch zunehmen. „Das alles führt zu einer großen Verunsicherung bei den Patienten. Das abzufedern, können Apotheken nicht leisten“, betonte die ehemalige Abda-Präsidentin. „Biosimilars haben einen Marktanteil von etwa 16 Prozent, es wäre der richtige Weg, Anreize zu schaffen, diese mehr zu etablieren.“ Eine Entscheidung zum Austausch bei Biosimilars dürfe nicht nur aus Kostengründen fallen, so Overwiening.
Zudem wünsche sie sich, „erstmal im Kleinen austauschen zu dürfen, ohne aufwendige Rücksprache“. Will heißen: „Ich darf als Apothekerin nicht einmal Tabletten gegen Tropfen tauschen – und wir diskutieren über den automatischen Austausch von Biosimilars. Wir brauchen klare Spielregeln. Ich wünsche mir, dass wir das Problem in Gänze betrachten und nicht nur den Kostenaspekt.“

Dr. Martin Spatz, Head of Specialty bei Stada, machte klar: „Wir haben bereits ein System, das hervorragend ist. Warum wollen wir ein bewährtes System mit eine solchen Austausch ruinieren?“ Er begrüße jede Maßnahme, die für mehr Einsatz von Biosimilars sorge.
Dr. Silke Zinke, 1. Vorsitzende Berufsverband der Deutschen Rheumatologen, machte klar, dass viele erkrankte Menschen erst durch den Einsatz von Biosimilars behandelbar geworden seien: „Diese Menschen können mit diesen Arzneimitteln wieder ein normales Leben leben.“
Würden diese schnell eingesetzt, seien keine Spätschäden die Folge. „Die Arzneimitteltherapie wird bei weniger Arztkontakt teurer, denn wir können nicht mehr individuell und schnell reagieren. Mein Wunsch ist deswegen, einen Multi-Switch bei Medikamenten zu verhindern. Die Versorgungssicherheit muss gegeben sein.“