Koalitionsverhandlungen

Nächtlicher Poker um Gesundheit

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Mehr als elf Stunden beriet die Arbeitsgruppe Gesundheit in der Nacht zum Freitag über die Zukunft des Gesundheitssystems - ohne Ergebnis. Jetzt müssen die anstehende große Koalitionsrunde oder die Parteispitzen entscheiden. Zwischen Union und FDP ging es dem Vernehmen nach heiß her.

Zu Beginn der Sitzung zeigten sich die Verhandlungsführer Dr. Ursula von der Leyen (CDU) und Dr. Philipp Rösler (FDP) noch zuversichtlich, der Hauptrunde ein Konsenspapier vorlegen zu können. Lediglich Bayerns Gesundheitsminister Dr. Markus Söder (CSU) machte aus seinen Zweifeln keinen Hehl. Hinterher flogen verbal die Fetzen. „Wir wollen keine Kopfpauschale, für die die FDP große Sympathien hat“, sagte Söder am frühen Freitagmorgen. „Es war die offensichtliche Strategie der CSU, es scheitern zu lassen“, konterte FDP-Experte Daniel Bahr.

Schon gegen 22.30 Uhr standen die Zeichen deutlich auf Sturm. Die FDP-Vertreter zogen sich zu eigenen Beratungen über Kompromissvorschläge zurück - und kamen und kamen nicht wieder. Bei den alleine gebliebenen Unionsvertretern herrschte teils Frust, teils aber auch gute Stimmung und Gelächter im Verhandlungssaal. „Wir haben Zeit“, raunte Barbara Stamm, bayerische Landtagspräsidentin und CSU-Verhandlungsmitglied, gegen 23.15 Uhr demonstrativ. Als Rösler eine Viertelstunde später mit seinen Parteifreunden wieder zur Runde dazustieß, meinte er unschuldig: „Ihr seid ja alle noch da.“

Es folgten weitere zähe Stunden in großer Runde und Einzelgespräche zwischen von der Leyen und Rösler. Genutzt hat es am Ende wenig. Oder doch? Während CSU- und FDP-Politiker aus ihrem Groll kein Geheimnis machten, zeigte sich zumindest die langjährige CDU-Expertin Annette Widmann-Mauz danach unverdrossen. „Wir haben erreicht, was wir in dieser Runde erreichen konnten.“ Vielleicht könnten die Partei-Oberen die verbleibenden Probleme nicht gleich lösen, aber auf Grundlage der Arbeitsgruppen-Beratungen doch bald.

Umwälzungen dürfte es also auf jeden Fall geben - fragt sich bloß, wie gravierend. Den Krankenkassen soll wieder mehr Hoheit über die Beiträge gegeben, der Finanzbedarf so teils gedeckt und der Wettbewerb gestärkt werden. Auch das CSU-Anliegen von mehr Regionalisierung könnte so befriedigt werden, wenn auch bayerische Kassen dann stärker wieder nach eigenen Regeln spielen könnten.

Wie allerdings das erwartete Defizit von rund 7,5 Milliarden Euro bei den Kassen im kommenden Jahr gestopft werden soll - diese drängende Frage ist noch unbeantwortet. Höhere Steuerzuschüsse könnte es geben, deutete von der Leyen vor der Marathonsitzung vorsichtig an. Jedenfalls sollen die 50 Millionen Kassenmitglieder die Zeche zum Start der neuen Regierung wohl nicht alleine durch höhere Arbeitnehmerbeiträge oder Zusatzbeiträge bezahlen müssen.

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