GWQ-Rabattverträge

Kassen päppeln Generikahersteller

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Berlin -

Der Gesetzgeber hat den Krankenkassen ihre Portfolioverträge weggenommen. Zum Monatsanfang wurden alle gelöscht. Die Kassen sind aber auf Übergangsverträge angewiesen, um bei Patentablauf bis zu einer Exklusivausschreibung ihre Kosten zu drücken. Der Kassendienstleister GWQ hat für 45 Kassen mit zusammen rund 8 Millionen Versicherten ein Modell entwickelt, mit dem der Generikamarkt angekurbelt werden soll. Oliver Harks, der den Bereich Arzneimittel leitet, erklärt im Gespräch mit APOTHEKE ADHOC, warum diesmal sogar die Hersteller zufrieden sein können.

ADHOC: Was zeichnet Ihre neuen Verträge aus?
HARKS: Der Charme des GWQ-Verfahrens liegt in der Gleichbehandlung aller Teilnehmer bei maximaler Transparenz. Es gib klar definierte Vertragslaufzeiten, und alle Hersteller liefern zu den selben Konditionen.

ADHOC: Wie hoch sind die Rabatte?
HARKS: Wir bieten eine Orientierung, die der Markt quasi von selbst vorgibt: Zu welchem Preis ist ein Wirkstoff auf dem Markt zu haben. Bei der Vorgabe von Rabatten muss man vorsichtig sein: Wenn eine Kasse zu stark in die Kalkulation der Hersteller eingreift, begibt sie sich auf dünnes Eis.

ADHOC: Sparen Sie dann überhaupt mit den Verträgen?
HARKS: Selbstverständlich, das ist Sinn und Zweck von Rabattverträgen. Mit der Übergangsvereinbarung erreichen wir eine Senkung des Preisniveaus mit zusätzlicher Stärkung der Marktvielfalt. Beides zusammen ist das Fundament für eine spätere Ausschreibung.

ADHOC: Bekommen Sie jetzt täglich Blumen von Generikaherstellern?
HARKS: Die Rückmeldungen aus der Industrie sind wohlwollend. Denn für die Hersteller ist das Modell allemal besser als sofortige Ausschreibungen. Deshalb erwarte ich schon, dass sich viele Hersteller am GWQ-Verfahren beteiligen werden.

ADHOC: Wieso schreiben Sie nicht ganz regulär aus und holen sich von einem Partner den Maximalrabatt?
HARKS: Mir ist lieber, dass nach einem Patentablauf 20 Generikahersteller ihre Kugelschreiber verteilen, als wenn das nur wenige tun. Wir brauchen die Vielfalt und die Dynamik im Markt. Wenn ein Wirkstoff unmittelbar exklusiv vergeben wird, gehen weniger Hersteller in den Markt. Die Unternehmen müssen zumindest die Chance sehen, dass sich ihre Zulassungs- und Marketingkosten amortisieren.

ADHOC: Pro Generika fordert seit Jahren eine „Schonfrist“ von zwei Jahren.
HARKS: Das Leben ist kein Wunschkonzert. Unsere ersten Verträge haben jetzt eine garantierte Laufzeit von acht Monaten. Verträge von bis zu einem Jahr nach Patentablauf kann ich mir noch vorstellen, aber dann wird es auch bei uns Ausschreibungen geben. Hinter dem Modell exklusiver Verträge stehen wir nach wie vor – nur eben nicht unmittelbar nach Patentablauf.

ADHOC: Und wenn alle anderen Kassen sofort ausschreiben?
HARKS: Verhält sich der Markt komplett anders, wird man nicht ewig gegen den Strom schwimmen können. Aber ich hoffe darauf, dass andere Kassen unser Modell übernehmen. Aktuell finden sich schon wieder Verträge in der Software, von den man sich fragt, wie sie dahin gekommen sind. Solche nur sehr bedingt transparenten Übergangsverträge werden nach meiner Einschätzung zukünftig keinen Bestand mehr haben.

ADHOC: Rechnen Sie mit juristischen Angriffen?
HARKS: Wir haben uns viele Mühe gegeben und zusammengetragen, was es zu solchen Verträgen an Beschlüssen und Urteilen gibt. Deshalb sind wir schon zuversichtlich, weil wir ein sehr faires und transparentes Verfahren geschaffen haben. Aber eine hundertprozentige Sicherheit gibt es natürlich nicht.

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