G-BA

Hecken: Vergangenheit bewältigt

, Uhr
Potsdam -

Beim DAV-Wirtschaftsforum wurde ein Vortrag mit

besonders großer Spannung erwartet: Erstmals seit er 2006 DocMorris im Saarland eine Betriebserlaubnis erteilt hatte,

trat Josef Hecken bei einer Veranstaltung der Apotheker auf. Die

ABDA-Spitze war sichtlich bemüht, den Graben zu

überbrücken. Hecken selbst erklärte, die Vergangenheit bewältigt zu

haben und stellte den Apothekern seine Arbeit als unparteiischer

Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vor. 

DAV-Chef Fritz Becker hatte Hecken persönlich eingeladen. Dieser erklärte am Anfang seiner Rede, sich „aufrichtig darüber gefreut“ zu haben. „Die Einladung ist nicht selbstverständlich“, so Hecken. Er bewerte sie dahin gehend, dass auch die Apotheker nicht ewig die Vergangenheit vor sich her tragen, sondern gemeinsam mit anderen Beteiligten im Gesundheitswesen die Zukunft gestalten wollten.

Von Becker, Schmidt und Co. gab es dafür Applaus. Zunächst zog Hecken ein Fazit zu den ersten 32 Nutzenbewertungen, die bislang nach dem AMNOG durchgeführt worden. Bei über 60 Prozent der Wirkstoffe sei ein Zusatznutzen festgestellt worden. „Das Vorurteil der Pharmaindustrie, dass wir innovstionsfeindlich sind, können wir so widerlegen“, so Hecken.

Der G-BA-Vorsitzende zeigte sich in vielerlei Hinsicht aber auch verständnisvoll, was die Forderungen der Hersteller betrifft. Er sei kein „Menschenfresser“, der Produkte auf jeden Fall aus dem Markt drängen wolle. Man wolle Innovationen auch nicht „kaputtprüfen“, so Hecken.

Als Beispiel für seine Flexibilität nannte Hecken den Umgang mit nicht vollständig eingereichten Dossiers zum Zusatznutzen eines Medikamentes. In der Vergangenheit seien Dossiers immer wieder abgewiesen und nicht akzeptiert worden, weil beispielsweise eine Anlage doppelt vorlag oder die Seitenanzahl nicht korrekt angegeben worden sei. „Das bereitet mir Sorge“, sagte Hecken.

Die Hersteller hätten in die Entwicklung des Medikamentes teilweise mehrere hundert Millionen Euro investiert. Die gesetzlich festgeschriebene formale Vollständigkeitsprüfung müsse flexibler interpretiert werden. Er habe daher eingeführt, dass Hersteller im Falle eines unvollständigen Dossiers Nachreichfristen erghalten. „Der pharmazeutische Unternehmer hat Anspruch auf eine inhaltliche Bewertung.“

In der vergangenen Woche hatte der G-BA die Kriterien festgelegt, nach denen Medikamente aus dem Bestandsmarkt einer Nutzenbewertung unterzogen werden sollen und auch erste Arzneimittel aufgerufen.

Hecken bemängelte, dass der Gesetzgeber die Prüfung des Bestandsmarktes bislang wenig konkret festgelegt habe. „Es ist nicht meine Herzensangelegenheit, jedes Bestandsmarkt-Medikament zu überprüfen.“ Teilweise gebe es für solche Medikamente sehr alte Studien, die sich für die Nutzenbewertung nur schwerlich eigneten. „Ich wäre froh, wenn der Gesetzgeber das einschränken könnte.“

Der in Frage kommende Bereich des Bestandsmarktes – patentgeschützte Medikamente, die ihre Zulassung vor 2011 erhielten – habe ein gesamtes Volumen von 14 Milliarden Euro. Der Gesetzgeber hatte vorgeschrieben, dass jährlich mehr als 1 Milliarde Euro damit eingespart werden soll. „Die ersten Ergebnisse von Prüfungen im Bestandsmarkt und somit die ersten Preisredukationen werden aber erst nächstes Jahr im Sommer veröffentlicht. Das gesetzte Ziel ist somit nicht zu erreichen.“

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