Interview

Rösler will nicht über Hass sprechen

, Uhr
Berlin -

Falsch zitiert, aus dem Zusammenhang gerissen, einseitig berichtet: Von

den Problemen im Umgang mit Journalisten können die ABDA-Funktionäre ein

Lied singen. Doch auch Spitzenpolitiker haben gelegentlich ihre

Probleme. Weil Wahlkampf ist, stellte sich FDP-Parteichef Dr. Philipp

Rösler den Fragen der linksalternativen „tageszeitung“ (taz). Doch

das Gespräch nahm eine Richtung, die Rösler nicht passte.

Weil sein Büro die Zitate nicht freigab, druckte die taz die Fragen –

ohne die Antworten.

Eine Stunde lang hatte Rösler sich mit zwei Redakteurinnen unterhalten. Es ging um Klientelpolitik, Steuerfragen, mögliche Regierungsbündnisse und sein persönliches Verhältnis zur Kanzlerin. Gesprochen wurde aber auch über Röslers asiatische Wurzeln und den Ärger vieler linker Wähler über die FDP.

„Herr Rösler, wir möchten mit Ihnen über Hass sprechen“, begann schließlich das Interview. Dann ging es um Diskriminierung („der Chinese“), Hassmails und öffentliche Anfeindungen. Nach einem kurzen Exkurs in politische Themen wurde Rösler wieder gefragt, wann er als Kind bewusst wahrgenommen habe, dass er anders aussehe und ob er sich als Migrant fühle.

Warum ihn das Land seiner leiblichen Eltern nicht interessiere? Was es mit dem Bambus-Vergleich auf sich habe und warum er ihn selbst in die politische Diskussion eingeführt habe? Warum er seinem Parteifreund Rainer Brüderle eine vermeintlich rassistische Äußerung durchgehen lasse, Peer Steinbrücks Pressesprecher aber nicht?

Das Interview wurde nicht freigegeben. Rösler wolle sein asiatisches Äußeres im Wahlkampf nicht zum Thema machen, hieß es laut taz zur Begründung. „Das ist ein grober Bruch der gängigen Spielregeln”, findet Chefredakteurin Ines Pohl. Eine Autorisierung solle sicherstellen, dass Antworten sachlich richtig und nicht missverständlich wiedergegeben würden, dürfe darf aber nicht dazu führen, dass im Nachhinein unliebsame Antworten oder Einlassungen gestrichen würden.

Seitdem wird im Netz heftig diskutiert, wer sich korrekt verhalten hat: Waren schon die Fragen unanständig und wurde Rösler aufs Glatteis geführt? Oder hätte der Parteichef das Gespräch rechtzeitig abbrechen müssen? Und überhaupt: Ist Rösler nicht selbst schuld, dass er nach Privatangelegenheiten befragt wird, weil er, genauso wie Daniel Bahr, allzu gerne mit ausgewählten Intima kokettiert?

Neu war das Ganze übrigens nicht: 2003 hatte die taz mangels Autorisierung ein Interview mit dem damaligen SPD-Generalsekretär Olaf Scholz auf der Titelseite gedruckt – und dabei alle Antworten geschwärzt.

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