Düstere Zukunft: Apotheken im Schwitzkasten Lothar Klein, 29.01.2018 12:11 Uhr
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Die Apothekenzahl befindet sich im Sinkflug. Doch es sind nicht nur äußere Umstände, sondern auch hausgemachte Probleme schuld – da sollte die Standesvertretung eingreifen. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Die Zahl der Apotheken ist im vergangenen Jahr schneller gesunken als zuvor. Grafik: APOTHEKE ADHOC
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Grundlage sind die Zahlen der Apothekerkammern; aus Bayern, Berlin und Sachsen-Anhalt lagen keine Angaben vor; hier wurde die Entwicklung auf Basis der anderen Kammerbezirke hochgerechnet. Insgesamt sank die Apothekenzahl 2017 um 1,63 Prozent. Grafik: APOTHEKE ADHOC
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Für ABDA-Präsident Friedemann Schmidt ist die flächendeckende Versorgung weiterhin gut. „Sorge macht mir vor allem, dass immer weniger Apotheker das Wagnis eingehen, unternehmerische Verantwortung zu übernehmen“, sagte er zu Jahresbeginn. Foto: Elke Hinkelbein
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„Wir haben also seit 2002 mehr als ein Drittel der Selbstständigen verloren und liegen hier jetzt auf dem Niveau des Jahres 1972“, bilanziert Dr. Andreas Walter, Hauptgeschäftsführer der Apothekerkammer Westfalen-Lippe (AKWL). Foto: AKWL
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Bundesweit schlossen im ersten Halbjahr 2017 netto 143 Apotheken. Damit sank die Gesamtzahl auf 19.880 Apotheken. ABDA-Präsident Friedemann Schmidt sagte: "Das tut weh." Foto: Christof Stache
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ABDA-Präsident Friedemann Schmidt kommentiert die Zahlen so: „Immer mehr Apothekeninhaber geben auf. Es tut weh, wenn selbständige Apotheker entweder wirtschaftlich dazu gezwungen sind oder einfach keine pharmazeutische Perspektive mehr sehen.“ Grafik: APOTHEKE ADHOC
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Bereits im ersten Quartal 2017 stand fest, dass die Zahl von 20.000 Apotheken unterschritten wurde. Grafik: APOTHEKE ADHOC
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Immer weniger Apotheken: Gab es 2008 im Mittel noch 26,3 Apotheken pro 100.000 Einwohner, sind es Ende 2016 noch 24,4 gewesen. Foto: Elke Hinkelbein
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Zum 2016/17 hielt die 20.000 noch: Die Zahl der Apotheken sinkt weiter. Grafik: APOTHEKE ADHOC
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Die größten Rückgänge gab es in den großen Kammerbezirken Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein und Westfalen-Lippe. Auch in Niedersachsen gab es 2016 größere Verluste. Prozentual fällt der Rückgang am deutlichsten in Hamburg, Berlin, im Saarland und in Sachsen-Anhalt aus. Grafik: APOTHEKE ADHOC
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Bereits in den ersten neun Monaten 2016 war dieser der Trend des Apothekensterbens deutlich zu erkennen. Grafik: APOTHEKE ADHOC
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2015 haben rund 340 Apotheken geschlossen, die Gesamtzahl sank auf 20.249 Betriebsstätten. Grafik: APOTHEKE ADHOC
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Die prozentual größten Rückgänge wurden in Hamburg, Nordrhein und Rheinland-Pfalz verzeichnet. Grafik: APOTHEKE ADHOC
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In Bremen, Hamburg und Brandenburg ist die Apothekendichte am niedrigsten. Grafik: APOTHEKE ADHOC
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von 2010 bis 2015 schlossen 5,5 Prozent aller Apotheken, das größte Minus gab es in Bremen, dahinter folgen Hamburg und Westfalen-Lippe. Grafik: APOTHEKE ADHOC
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Laut damaliger ABDA-Prognose sollte es Ende 2018 weniger als 20.000 Apotheken in Deutschland geben. Grafik: APOTHEKE ADHOC
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Nur 13.223 Betriebsstätten wurden 2014 nach Zahlen der ABDA noch als Einzelapotheke geführt. Grafik: APOTHEKE ADHOC
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35,3 Prozent der Apotheken in Deutschland gehörten 2014 zu einer „Minikette“. Grafik: APOTHEKE ADHOC
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Jede sechste Apotheke wurde im Filialverbund übernommen, durchschnittlich sind es 2,2 Apotheken pro Verbund. Grafik: APOTHEKE ADHOC
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75 Prozent der Neugründungen sind eine Übernahme, die Neugründung einer Einzel- beziehungsweise Hauptapotheke ist die Ausnahme. Grafik: APOTHEKE ADHOC
Berlin - Rx-Boni-Urteil, Honorargutachten und herbe Einschnitte für Zyto-Apotheken – für die Apotheken kam es in den letzten Monaten knüppeldick. Kein Wunder, dass angesichts der Abfolge solcher Hiobsbotschaften Apotheker die Lust an ihrem Beruf verlieren. Die Beschleunigung des Rückgangs der Apothekenzahlen aber alleine darauf zurückzuführen, wäre zu kurz gesprungen. Es gibt viele Faktoren, die Apotheker zur Aufgabe zwingen, kommentiert Lothar Klein.
Das vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) in Auftrag gegebene Honorargutachten kommt sogar zu einer noch düsteren Zukunftsprognose, als es die Zahlen der Apothekenstatistik nahelegen: Die Gutachter halten 7600 Apotheken für „wirtschaftlich gefährdet“. Danach erzielen etwa 47 Prozent aller Apotheken kein angemessenes Betriebsergebnis, das eine Zukunftsperspektive bietet. Als Folge sinkt auch die Chance, die eigene Apotheke in absehbarer Zeit an einen Nachfolger zu übergeben.
Damit sind bereits zwei wesentliche Gründe für den beschleunigten Rückgang der Apothekenzahlen genannt. Die Wettbewerbslage hat sich verschärft, in den Städten vor allem und auch in den Randlagen. Die Konkurrenz des Versandhandels beschleunigt diesen Prozess. Wo vor einiger Zeit Apotheken gerade noch so ihr Auskommen fanden, wird es jetzt eng. Der Preiskampf bei OTC-Produkten zwischen Vor-Ort-Apotheken und dem Versandhandel schmälert die Überlebensbasis immer weiter. Knapp 3000 Apotheken wirtschaften bereits am Rande des Abgrunds.
Der harte wirtschaftliche Konkurrenzkampf trifft zeitgleich auf die demografische Welle. In den nächsten Jahren kommen immer mehr Apotheker ins „Rentenalter“. Die einstige Hoffnung, durch den Verkauf der Apotheken den Ruhestand finanziell abzusichern, lässt sich in vielen Fällen nicht mehr realisieren. Nur Apotheken über zwei Millionen Euro Umsatz finden noch problemlos einen Nachfolger. Selbst die Fortführung kleiner Apotheken als Filiale lohnt sich in vielen Fällen nicht mehr.
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