Lobbyismus-Verdacht bei Neueinstellung

Düsseldorf: Streit um ehemaligen Public Affairs Chef von Sanofi

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Düsseldorf -

Das vorübergehende Engagement eines Pharma-Lobbyisten als Impfexperte bei der Staatskanzlei hat aus Sicht der Opposition „ein Geschmäckle”. Im Landtag weist die Landesregierung alle Spekulationen zurück.

Nordrhein-Westfalens Staatskanzleichef Nathanael Liminski hat Lobbyismus-Vorwürfe im Zusammenhang mit der Einstellung eines freigestellten Pharma-Funktionärs zurückgewiesen. Der für sechs Monate vom Pharma-Konzern Sanofi in die Staatskanzlei gewechselte Stefan Kentrup habe sehr viel Wissen und Erfahrungen zum Thema Impf-Management, sagte Liminski am Donnerstag im Hauptausschuss des Düsseldorfer Landtags. Kentrup sei aber weder Entscheidungsträger noch nehme er Außenkontakte für die Staatskanzlei wahr – schon gar nicht zu Unternehmen.

Der seit Jahresbeginn für den Corona-Krisenkoordinationsrat der Landesregierung tätige Referent ist von Sanofi von seiner bisherigen Tätigkeit als „Head of Public Affairs” freigestellt worden. „Das ist auf deutsch gesagt der oberste Lobbyist”, sagte die SPD-Abgeordnete Elisabeth Müller-Witt zu dessen Qualifikation. Auch die Fraktionschefin der Grünen, Verena Schäffer, empfand „ein Geschmäckle”, weil Kentrup gleichzeitig noch bei Sanofi angestellt sei.

Liminski sagte, es gebe keine Geschäftsbeziehungen zwischen dem Land und Sanofi für Impfstoffe. NRW bestelle ohnehin keine Corona-Impfstoffe. Dies erfolge zentral durch die Europäische Union und in Einzelfällen durch Mitgliedsstaaten – „aber nicht nur die Länder”. Sanofi werde voraussichtlich bis weit in die zweite Jahreshälfte hinein gar keinen Corona-Impfstoff anbieten können, sagte Liminski. Insofern wäre der Tätigkeitszeitraum des Sanofi-Experten nicht betroffen. Zudem sei offen, ob der gebürtige Nordrhein-Westfale überhaupt zu Sanofi zurückkehre oder seinen Lebensmittelpunkt ganz in seine Heimat zurückverlagern werde. Um Interessenkonflikte von vornherein auszuschließen, habe der tarifvertraglich eingruppierte Neuzugang jedenfalls eine Verschwiegenheitsvereinbarung und zwei Verhaltenskodexe unterzeichnet – unter anderem gegen Korruption.

Die Staatskanzlei habe Kentrup nicht aktiv bei Sanofi angefordert oder ausgeliehen, unterstrich Liminski. Vielmehr habe sich der Mann, neben zwei Mitbewerbern, auf eine Ausschreibung gemeldet und sei nach einer Risikoabwägung genommen worden, weil er die Qualifikationen mitbringe, um den Koordinierungsrat bei der Corona-Impfkampagne zu unterstützen. Kentrup sei aber nicht Teil des Rates, sondern unterstütze ihn administrativ. Sein Vertrag sei auf sechs Monate begrenzt worden, weil die Aufgabe bis dahin voraussichtlich abgeschlossen sei, erklärte der Staatskanzleichef. Weitere Einstellungen freigestellter Sanofi-Mitarbeiter beim Land seien ihm „nicht bekannt”.

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