Harald Schweim

Verwaltungsquerulant a.D.

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Berlin -

Professor Dr. Harald Schweim nimmt kein Blatt vor den Mund. Der ehemalige Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und heutige Hochschulprofessor legte sich unter anderem mit der ehemaligen Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) an. Heute wie damals gilt Schweim als streitbar.

Schweim wurde 1950 in Elmshorn geboren. Von 1969 an arbeitete er als Apothekerpraktikant in der Olympia-Apotheke in Pinneberg und in der Flora-Apotheke in Elmshorn. Nach der pharmazeutischen Vorprüfung leistete er Zivildienst in der Krankenhausapotheke der Medizinischen Akademie in Lübeck.

Von 1972 bis 1974 studierte Schweim Chemie und Lebensmittelchemie an der Universität Hamburg, anschließend Pharmazie. 1977 erlangte er seine Approbation und begann an seiner Dissertation zu „Untersuchungen über Acyliminzwischenstufen bei Amido- und Transamidoalkylierungsreaktionen“ zu arbeiten. 1989 habilitierte er zum Thema „Isocyanat- und Acylisocyanat-Abspalter als Modelle potentieller Arzneistoffe“. Anschließend war Schweim an der Universität tätig.

Das änderte sich 1992: Professor Dr. Alfred Hildebrandt holte Schweim als Leiter der Abteilung „Arzneimittelzulassung“ in das „Institut für Arzneimittel“ (AMI). Als Teil des Bundesgesundheitsamtes (BGA) war das Institut der Vorläufer des heutigen BfArM. Als 1994 das BfArM gegründet und Hildebrandt zu seinem Leiter ernannt wurde, wurde Schweim Leiter des Fachbereichs „Arzneimittelzulassungen“.

Die Zeit bei AMI und BfArM war für Schweim rückblickend „sehr wichtig“: „Ich durfte eine sehr leistungsfähige Abteilung leiten, und wir haben in kurzer Zeit viel erreicht, insbesondere die Zulassungszeiten für 'neue Stoffe' drastisch verkürzt“, schreibt er auf seiner Webseite. Die Arbeitsweise habe sich nach dem „Blutskandal“ geändert. 1993 war bekannt geworden, dass sich in den 80er Jahren mehrere hundert Personen durch Bluttransfusionen mit HIV infiziert hatten.

1996 wurde Schweim Direktor des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI). Während dieser Zeit bildete er sich zum Fachapotheker für Arzneimittelinformation und für öffentliches Gesundheitswesen weiter und erwarb das Zertifikat Medizininformatiker. „Wir führten das DIMDI zu neuen gesetzlichen Aufgaben. Und ich glaube, dass wir sehr erfolgreich tätig waren“, so Schweim heute.

Bereits vier Jahre später kehrte Schweim ans BfArM zurück, das inzwischen nach Bonn gezogen war – als Präsident, „auf Wunsch der damaligen Bundesministerin Andrea Fischer“ (Bündnis 90/Die Grünen). Rückblickend findet Schweim: „Die Aufgaben waren an der Grenze zur 'Nicht-Bewältigbarkeit', aber das hat mich schon immer gereizt.“ Aus seiner Sicht wurde in der Zeit zwischen August 2000 und 2004 Vieles auf den richtigen Weg gebracht: Die Zulassungszeiten wurden verkürzt, ein Stau an Anträgen abgebaut und sogar Nachzulassungen bewältigt.

In dieser Zeit kam es aber auch zum Zerwürfnis mit Schmidt, die 2001 das Bundesgesundheitsministerium (BMG) von Fischer übernommen hatte. „Von Beginn an gab es keinen 'Draht' zwischen Frau Schmidt und mir, aus meiner Sicht weil auf der Gegenseite ein eklatanter Mangel an Kompetenz existiert“, schreibt Schweim. Tatsächlich war sein Posten eher „Schleudersitz“, wie es der Spiegel damals formulierte.

Im März 2004 wurde Schweim zum „Beauftragten für internationale Fragen der Arzneimittelqualität“ ins BMG wegbefördert. 2005 endete Schweims Karriere in der Verwaltung; stattdessen übernahm er den Lehrstuhl „Drug Regulatory Affairs“ an der Universität Bonn. Laut Spiegel ging die Schaffung dieser Stelle auf das BMG zurück; die Ausschreibung sei so speziell gewesen, dass lediglich der Hinweis fehle, der Bewerber müsse den Vornamen Harald tragen, hieß es.

„Einerseits bin ich froh, meinen Lebenstraum erfüllt zu sehen, als 'echter' Hochschullehrer arbeiten zu dürfen“, schreibt Schweim heute. Andererseits wurme es ihn schon, dass Schmidt, „die ich für das fachlich Unqualifizierteste halte, was ich in meinen vielen Berufsjahren erlebt habe“, so mit dem BfArM und den eingesetzten öffentlichen Mitteln habe umgehen dürfen. „Vermutlich wird der Schaden für die Arzneimittel(-zulassung) in Deutschland unreparierbar sein.“

Mit seinem Amt als Universitätsprofessor trat Schweim als Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Regulatory Affairs zurück – wegen möglicher Interessenkonflikte mit seinen Aufgaben am Lehrstuhl. Den Posten hatte er seit 1998 inne, 2008 trat er ganz aus der Gesellschaft aus.

Seit 2006 ist Schweim Geschäftsführender Direktor des Pharmazeutischen Instituts der Universität Bonn. In seinem Lehrstuhl hat sich Schweim bislang unter anderem mit den Themen Off-Label-Use, Arzneimittelfälschungen und Internethandel beschäftigt. Seit 2008 arbeitet Schweim zudem für das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). Er ist Mitglied der BfR-Kommission für pharmakologisch wirksame Stoffe und Tierarzneimittel.

In seiner Freizeit jagt Schweim, trainiert Hunde – allen voran seinen Golden Retriever Mr. Milo of Golden Summerby, genannt Milow – und engagiert sich im Rotary Club. Außerdem reist er gern, spielte lange Zeit Schlagzeug und segelte, zuletzt 2004 auf dem Atlantik.

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