„Kuschelhormon“

Oxytocin-Nasenspray gegen Einsamkeit?

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Bonn -

Depressionen, Herzerkrankungen oder Demenz: Einsamkeit kann dauerhaft zu gesundheitlichen Problemen führen; bislang fehlen jedoch effektive Interventionen. Ein Team um Dr. Jana Lieberz vom Universitätsklinikum Bonn (UKB) und Professor Dr. Dirk Scheele von der Ruhr-Universität Bochum hat in einer aktuellen Studie untersucht, ob das Bindungshormon Oxytocin die Effektivität einer Gruppentherapie gegen Einsamkeit stärken kann. Das Ergebnis: Es gibt positive Effekte; ein Allheilmittel ist es aber nicht.

Die randomisierte, doppelt verblindete und placebokontrollierte Proof-of-Concept-Studie – der Teil der Studie, der das Therapiekonzept im klinischen Abschnitt belegt – fand unter Beteiligung der Universitäten Oldenburg, Bochum, Freiburg und Haifa (Israel) statt. 78 Frauen und Männer, die sich einsam fühlten, nahmen als Probanden teil.

Während der Studie durchliefen die Teilnehmenden fünf wöchentliche Gruppentherapiesitzungen und wendeten ein Oxytocin-Nasenspray an. Die Kontrollgruppe erhielt ein Placebo. Die Wahrnehmung von Einsamkeit, Stresslevel, Lebensqualität und therapeutische Beziehung wurden bewertet. Dies geschah zu Beginn, nach den Sitzungen und zu zwei Nachbeobachtungszeitpunkten nach drei Wochen und nach drei Monaten.

Chance für Therapieerfolg

Lieberz resümiert: „Die psychologische Intervention war in allen Behandlungsgruppen mit einer verringerten Stresswahrnehmung und einer Verbesserung der generellen Einsamkeit verbunden, was auch bei der Nachuntersuchung nach drei Monaten noch sichtbar war.“

Oxytocin hatte zwar keinen signifikanten Einfluss auf die Wahrnehmung der allgemeinen Einsamkeit, die Lebensqualität des Einzelnen oder den wahrgenommenen Stress. Im Vergleich zu Placebo berichteten Teilnehmende nach Oxytocin-Gabe allerdings von einem verringerten akuten Einsamkeitsgefühl und verbesserten positiven Bindungen zwischen den Gruppenmitgliedern.

Dies sei, so die Wissenschaftlerin, eine sehr wichtige Beobachtung und zeige Chancen für den Therapieverlauf auf. „Es könnte daher hilfreich sein, Patientinnen und Patienten zu Beginn einer Psychotherapie mit Oxytocin zu unterstützen. Denn wir wissen, dass sich Patientinnen und Patienten anfangs – sobald Probleme benannt werden – auch erst einmal schlechter als vor Beginn einer Therapie fühlen können. Durch die beobachteten Effekte der Oxytocin-Gabe könnten Betroffene wiederum besser am Ball bleiben und weitermachen.“

Kein Allheilmittel

Lieberz betont, dass Oxytocin kein Allheilmittel ist und es zur Verringerung von Einsamkeit oft keiner Therapie bedarf. Obwohl keine langfristigen Effekte festgestellt wurden, zeigen die Ergebnisse positive Effekte bei Interventionen. Weitere Studien sind nötig, um optimale Interventionsdesigns zu finden und die akuten Auswirkungen von Oxytocin in langfristige Vorteile umzusetzen.

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