Risikobewertungsverfahren

EMA prüft erneut Flupirtin

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Berlin -

Flupirtin-haltige Arzneimittel erneut im Risikobewertungsverfahren: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hatte das Prüfung angestoßen, nun prüft die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) zum zweiten Mal.

Flupirtin ist ein nicht-opioides zentral wirksames Analgetikum. Dem Arzneistoff werden muskelentspannende und schmerzstillende Eigenschaften zugesprochen. Außerdem soll Flupirtin Einfluss auf das Schmerzgedächtnis nehmen. Enthalten ist der generische Wirkstoff beispielsweise in Katadolon (Teva). Flupirtin aktiviert G-Protein-gekoppelte, einwärts gleichgerichtete Kaliumkanäle der Nervenzelle. Die Kanäle öffnen sich und Kalium strömt es. Die Aktivierung der Nervenzellmembran wird herabgesetzt. Indirekt kommt es zur Hemmung der Aktivierung von NMDA-Rezeptoren.

Indiziert ist der Wirkstoff zur Behandlung starker Schmerzen bei Erwachsenen. Flupirtin-haltige Arzneimittel können drei- bis viermal täglich zu je 100 mg bei gleichem Zeitabstand eingenommen werden. Die Tageshöchstdosis beträgt 600 mg – bei schweren Schmerzuständen können Betroffene dreimal täglich 200 mg Flupirtin einnehmen. Die Therapiedauer darf zwei Wochen nicht überschreiten. Diese Begrenzung wurde bereits im vorhergehenden Risikobewertungsverfahren festgelegt. Patienten müssen sich zudem Laborkontrollen der Leberwerte während der Behandlung unterziehen. Der Wirkstoff darf nur eingesetzt werden, wenn andere Schmerzmittel nicht in Frage kommen. Der Grund sind hepatische Nebenwirkungen. Die EMA verlangte zudem Wirksamkeitsstudien.

Laut Studienergebnissen werden zwar weniger Patienten mit dem Arzneistoff behandelt, dennoch wurden die eingeführten Einschränkungen nicht weiter beachtet. Zudem wurden weiterhin Fälle schwerwiegender Leberschädigungen im Zusammenhang mit Flupirtin dokumentiert.

Der Ausschuss für Risikobewertung im Bereich der Pharmakovigilanz (PRAC) prüft nun aktuelle Daten und beurteilt das Nutzen-Risiko-Verhältnis neu. Die Experten werden entscheiden, ob weitere regulatorische Maßnahmen eingeführt werden müssen. Gebrauchsinformationen Flupirtin-haltiger Arzneimittel sind mit einem „▼“ gekennzeichnet. Das Symbol zeigt, dass die Arzneimittel einer zusätzlichen Überwachung unterliegen.

Menschen mit bestehender Lebererkrankung, Alkoholiker oder Patienten, die bereits andere hepatotoxisch wirkende Medikamente nehmen, sollen gar nicht mit Flupirtin behandelt werden.

Das BfArM hatte im März 2013 die erste Prüfung durch den PRAC angestoßen. Bei der Behörde waren seit 2007 Meldungen über Leberschäden unter Flupirtin eingegangen. Neben erhöhten Enzymwerten wurden auch Leberschäden mit teilweise tödlichem Ausgang oder der Notwendigkeit einer Transplantation berichtet.

Parallel hatte die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) die Mediziner angehalten, die in der Fachinformation enthaltenen Maßnahmen zur Risikominimierung einzuhalten. Flupirtin sollte nur in den zugelassenen Indikationen angewendet werden; Lebererkrankungen und Alkoholabusus sollten ausgeschlossen werden. Zudem sollten bei den mit Flupirtin behandelten Patienten regelmäßig die Leberwerte überwacht werden.

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