Abrechnungsbetrug

Zyto-Apotheker vor Gericht

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Berlin -

In Koblenz steht ein 74-jähriger Apotheker vor dem Landgericht, weil er Zytostatika-Rezepturen aus Medikamenten hergestellt hat, die nicht in Deutschland zugelassen waren. Gut 150.000 Euro Schaden soll er verursacht haben – dem Hersteller Eli Lilly und mehreren Krankenkassen. Angeklagt ist er wegen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz in 253 Fällen.

Von Ende 2005 bis Mitte 2009 soll der Apotheker in 15 Fällen von dem Hersteller Lilly verbilligtes Gemzar (Gemcitabin) als „Klinikware“ bestellt haben. Ihm wird vorgeworfen, daraus individuelle Infusionen hergestellt und diese an niedergelassene Ärzte zur ambulanten Behandlung abgegeben zu haben. Laut Gericht entstand dem Hersteller daraus ein Schaden von rund 32.000 Euro.

Zudem soll der Apotheker im gleichen Zeitraum in 238 Fällen für das Ausland bestimmte, in Deutschland nicht verkehrsfähige Medikamente bezogen und diese gegenüber den Krankenkassen als deutsche Offizinware abgerechnet haben. Der Schaden für die Kassen, darunter die AOK, die Barmer und die IKK Südwest, betrage rund 122.000 Euro. Eine Schädigung von Patienten wird dem Pharmazeuten laut Gericht nicht vorgeworfen.

Medienberichten zufolge wies er die Vorwürfe in der ersten Verhandlung im Wesentlichen zurück: Er habe nicht gewusst, dass die Krebsmedikamente nicht zugelassen waren. Dies habe er erst aus der Zeitung erfahren und im Anschluss die betreffenden Rezepturen nicht mehr abgegeben. Seine Medikamente seien immer von guter Qualität gewesen.

Schon Mitte Juli stand der Apotheker vor Gericht. Das Verfahren wurde jedoch abgebrochen, nachdem er eine vom Gericht vorgeschlagene Verständigung abgelehnt hatte: Er sollte demnach ein volles Geständnis ablegen und 120.000 Euro Strafe zahlen.

Der Koblenzer Fall ist nicht der erste zu einem Apotheker, der versucht hat, bei Zytorezepturen zu sparen: 2010 wurde im Rahmen der Holmsland-Affäre bundesweit gegen rund 100 Apotheker ermittelt. Sie sollen über mehrere Jahre hinweg in Deutschland nicht zugelassene Zytostatika zu günstigen Preisen bei einem spezialisierten Lieferanten bestellt, in Rezepturen verarbeitet und als Originalware abgerechnet haben. Der Schaden für die Kassen lag laut eigener Angaben im hohen zweistelligen Millionenbereich.

2011 war ein Apotheker vom Landgericht München zunächst frei gesprochen worden, nachdem er Zytostatika-Lösungen auf der Basis des nicht zugelassenen Präparats „733Gemzar1000“ zubereitet hatte. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil aber auf und verwies den Fall zurück an das Münchner Gericht.

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