Pharmahersteller

DDR testete Arzneimittel für Westfirmen

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Berlin -

Westdeutsche Pharmaunternehmen sollen in der DDR in den 1980er Jahren Medikamente an Patienten ohne deren Wissen getestet haben. Der Ost-Beauftragte der Bundesregierung, Christoph Bergner (CDU), hat die Versuche kritisiert: Der ehemalige Ministerpräsident Sachsen-Anhalts sprach in der „Mitteldeutschen Zeitung“ von Konsequenzen wie möglichen Entschädigungszahlungen an Betroffene.

Auch strafrechtliche Folgen sind Bergner zufolge denkbar. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Fälle, die jetzt Aufregung verursachen, im Einklang mit dem westdeutschen Recht gewesen sind. Experimente ohne Einwilligung der Betroffenen halte ich für skandalös“, sagte er der Zeitung.

Der Thüringer FDP-Bundestagsabgeordnete Patrick Kurth forderte, dass sich der Bundestag einschaltet und die Vorfälle untersucht. „Die Skrupellosigkeit von SED und Westfirmen bei Pharmatests an DDR-Patienten bedeutet auch für den Bundestag Verantwortung“, sagte er.

Einem Bericht des Tagesspiegels zufolge sind in einer Liste des DDR-Gesundheitsministeriums mehr als 50 westliche Firmen aufgeführt, die von 1983 bis 1989 insgesamt 165 Arzneimittelstudien in Auftrag gegeben haben sollen. Darunter sind demnach Unternehmen wie Bayer und Schering, Hoechst (heute Sanofi), Boehringer Ingelheim oder Gödecke (heute Pfizer).

Für eine einzelne Studie wurden demnach bis zu 860.000 D-Mark gezahlt. Wie viel Geld die DDR insgesamt mit den Pharma-Aufträgen erhalten hat, lässt sich dem Bericht zufolge nicht genau feststellen. Patienten in DDR-Krankenhäusern seien in einigen Fällen ohne ihr Wissen als Probanden für Arzneimittelversuche genutzt worden, heißt es.

Wie Akten aus dem DDR-Gesundheitsministerium belegen, haben laut Tagesspiegel manche der westlichen Pharmaunternehmen in den Verträgen mit der DDR darauf hingewiesen, dass die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten sind. Auf Anfrage teilten die beteiligten Unternehmen mit, die Studien seien unter Einhaltung der damaligen Standards erfolgt, heißt es. Keine Firma kann laut Bericht jedoch bestätigen, Kontrolleure in die DDR geschickt zu haben, die die Einhaltung der Vorschriften überprüften.

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