Arzt als Versandhändler

Dr. med. Pleuse: Der NEM-Einflüsterer

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Berlin -

Dr. med. Sebastian Pleuse ist Arzt – und Inhaber der Firma Dr. med. Pleuse, die Nahrungsergänzungsmittel vertreibt. Die Namensgebung ist kein Zufall, laut Oberlandesgericht Köln (OLG) sind die damit verbundenen Versprechen aber irreführend und damit unzulässig.

„Gesundheit ist Vertrauenssache“, wirbt das Unternehmen auf seiner Website. „Dr. med. Sebastian Pleuse steht als Arzt für Seriosität, Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit. Damit Ihre Gesundheit sicher aufgehoben ist, lautet sein Credo: ‚Keine Wunder versprechen, sondern medizinisch fundierte Empfehlungen geben!‘“

Pleuse ist aber gar nicht als niedergelassener Arzt tätig, sondern als Unternehmer, der im Internet diverse Nahrungsergänzungsmittel vertreibt und dabei offensiv als Mediziner in Erscheinung tritt. Die Wettbewerbszentrale fand das doppelte Spiel irreführend und ging erfolgreich dagegen vor.

Laut Berufsordnung ist Medizinerinnen und Medizinern verboten, „ihren Namen in Verbindung mit einer ärztlichen Berufsbezeichnung in unlauterer Weise für gewerbliche Zwecke herzugeben“. Außerdem sind ihnen nur „sachliche, berufsbezogene Informationen“ gestattet. Berufswidrige Werbung ist Ärztinnen und Ärzten untersagt – gemeint ist insbesondere eine „anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung“. Auch eine Werbung für eigene oder fremde gewerbliche Tätigkeiten oder Produkte im Zusammenhang mit der eigenen ärztlichen Tätigkeit ist unzulässig.

Doch ob diese berufsrechtlichen Vorgaben greifen, ließ das OLG komplett offen. Denn die Werbung sei an sich schon irreführend: „Gründend auf die eigene Expertise als promovierter Mediziner“ werde für das gesamte Sortiment eine „besondere medizinische Absicherung“ in Anspruch genommen, „ohne darzulegen, dass diese seine eigene Meinung auch der allgemeinen Ansicht in der Wissenschaft entspricht“.

Es gehe also nicht um eine „Empfehlung im Einzelfall nach einer individuellen Prüfung“, wie sie Ärztinnen und Ärzten gestattet sei, sondern um generelle Aussagen, bezogen auf das gesamte Produktsortiment gegenüber allen Verbrauchern. „Dies birgt die Gefahr, dass die beworbenen Nahrungsergänzungsmittel vom angesprochenen Verkehr als vermeintlich allgemein empfehlenswert verstanden oder jedenfalls aufgrund einer geminderten Kritikhaltung gegenüber dem sie bewerbenden Arzt sorgloser eingenommen werden, als andere Nahrungsergänzungsmittel“, so das OLG. „Mit der angegriffenen Werbung ist folglich eine nicht unerhebliche Gefahr für das hohe Schutzgut der Gesundheit des Einzelnen und der Bevölkerung insgesamt verbunden.“

Im Webshop gibt es zahlreiche NEM.Foto: APOTHEKE ADHOC

Pleuse sei also nicht per se verwehrt, mit seiner Person als einem promovierten Arzt für ein von ihm zusammengestelltes Produktsortiment zu werben. „Das Sortiment darüber hinausgehend ausdrücklich als besonderes wirksam und aus medizinischer Sicht empfehlenswert anzupreisen wäre ihm jedoch – wie auch seinen Mitbewerbern – nur dann gestattet, wenn diese Aussagen wissenschaftlich allgemein anerkannt wären. Dies ist nicht feststellbar.“

Laut OLG geht es nicht um eine eigene Image- oder Sympathiewerbung für sich selbst als Arzt oder für Produkte mit einem unmittelbaren Bezug zu seiner ärztlichen Tätigkeit, sondern um eine gesundheitsbezogene Werbung für kommerziell vertriebene Nahrungsergänzungsmittel. Insoweit unterliege Pleuse den allgemeinen lauterkeitsrechtlichen Pflichten. Ein unzulässiger Eingriff in seine Berufsausübungsfreiheit als Geschäftsführer sei damit nicht verbunden.

Die Hervorhebung von Pleuse als Arzt solle dazu dienen, das den Ärzten allgemein und damit auch dem Beklagten entgegen gebrachte Vertrauen in Kompetenz und Seriösität auf die angebotenen Produkte zu übertragen, wobei die Berufsbezeichnung in keinen Zusammenhang mit den Eigenschaften der Nahrungsergänzungsmittel stehe, entschied schon das Landgericht Köln (LG). Hierdurch werde das Sachlichkeitsgebot verletzt.

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