Porträt

Vom Chef-Berater zum Haniel-Chef

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Nach langer Suche hat der Duisburger Mischkonzern Haniel einen neuen Vorstandsvorsitzenden gefunden. Ab 1. Januar 2010 leitet Professor Dr. Jürgen Kluge das Familienunternehmen. Für den ehemaligen Deutschlandchef des Beratungsunternehmens McKinsey ist es der längst erwartete Karrieresprung: Kluge galt bereits als Kandidat für den Chefposten von McKinsey und Deutschlands Stromlobby. Selbst eine Karriere als Berufspolitiker wurde dem promovierten Physiker zugetraut.

Geboren am 2. September 1953 in Hagen, begann Kluge nach Physikstudium und Promotion - sein Spezialgebiet ist die Laserphysik - 1984 bei McKinsey als Berater. Fünf Jahre später stieg er zum Partner auf, 1999 übernahm er die Leitung der Geschäfte in Deutschland und Österreich.

In dieser Funktion verhalf er dem Geschäftsfeld der Politikberatung zum Durchbruch: 2003 moderierte McKinsey unter Kluges Führung die so genannte Herzog-Kommission, eine Gruppe führender Unionspolitiker, die im Auftrag Merkels ein Konzept zur Reform der sozialen Sicherungssysteme ausarbeitete. Kluge selbst pflegt enge Kontakte zur heutigen Kanzlerin.

Kluges Engagement blieb nicht ohne Kritik. In der Öffentlichkeit stieß die Nähe zwischen Politik und den „Meckies“ auf wenig Sympathie, innerhalb des Konzerns warnten Skeptiker vor schlechter Presse für den Fall, dass die gemeinsam erarbeiteten Konzepte nicht den erhofften Erfolg bringen würden.

2006 verließ Kluge McKinsey - nach mehr als 20 Jahren. Zuvor hatte er sich im Jahr 2003 für den Posten des globalen Lenkers im Konzern beworben, allerdings ohne Erfolg.

Doch Kluge hatte vorgesorgt. In Talkshows und gegenüber der Boulevardpresse hatte er nicht nur McKinsey, sondern auch sich selbst in die Öffentlichkeit gebracht. Seit 2004 ist er Honorarprofessor an der Technischen Universität Darmstadt.

Selbst eine Karriere in der Politik wurde dem Chefberater der deutschen Konzernelite zeitweise zugetraut: In seinen Büchern beschäftigte er sich unter anderem mit Bildungsfragen („Schluss mit der Bildungsmisere“) und politischen Reformen („Perspektive Deutschland: Was die Deutschen wirklich wollen“).

Doch auch dazu kam es nicht. Im vergangenen Jahr war der Physiker für den Posten als Präsident des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) im Gespräch. Er hätte das Profil des Verbandes schärfen und dessen Image verbessern sollen. Nach massiver Kritik aus dem BDEW nahm Kluge Abstand von dem Angebot.

Nun also Haniel. Als Chef des Familienimperiums, das in jedem Geschäftsbereich erklärtermaßen eine dominierende Position anstrebt, verantwortet Kluge ab 2010 neben Celesio unter anderem die Handelsgruppe Metro (Metro, Kaufhof, MediaMarkt/Saturn) und den Büroausstatter Takkt. „Ich bin stolz, für eines der renommiertesten Familienunternehmen Europas die Führung zu übernehmen“, sagte der Düsseldorfer im Vorfeld seines Amtsantritts.

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