Zwischenhändler

Schnäppchenjäger im Pharmamarkt

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Hersteller, Großhandel, Apotheke. Das ist die klassische Lieferkette. Aber das ist nicht alles. In zahlreichen Nischen tummeln sich Zwischenhändler, Umverteiler und Schnäppchenjäger. Ein Akronym als Firmenname und ein gut gepflegtes Adressbuch, dazu eine Handvoll Mitarbeiter und zwei Dutzend Apotheken als Kunden - mehr braucht es nicht, um erfolgreich zu sein. Die Branche ist unscheinbar und verschwiegen, Diskretion gehört ebenso wie Schnelligkeit und Flexibilität zum Geschäft.

Rund 4000 Großhandelslizenzen gibt es in Deutschland. Eine Übersicht fehlt, doch drei Viertel, so schätzen Experten, gehören so genannten „Schwiegermutterbetrieben“ von Apotheken. Zieht man Vollsortimenter, Reimporteure und Logistikdienstleister ab, bleiben immer noch mehrere hundert Anbieter, die am Rande der regulären Lieferkette ihr Glück suchen. Gehandelt wird zwischen Hersteller, Großhandel und Apotheke - und dabei in alle Richtungen.

Eines haben fast alle gemeinsam: Sie sind Schnäppchenjäger auf dem Pharmamarkt, mit geringem personellem und logistischem Aufwand und einer guten Vernetzung. Sie finden Angebote, für die normale Strukturen zu langsam und schwerfällig sind. „Wir bekommen einen Anruf und dann schauen wir, wo wir das her bekommen“, sagt einer der Anbieter.

Die Zwischenhändler kaufen zu guten Konditionen direkt bei den Herstellern oder im Großhandel. Die Gründe für die Zusammenarbeit sind ebenso vielfältig wie schlicht: Überhänge aus der laufenden Produktion belegen Lagerfläche, Verfallware droht zur Komplettabschreibung zu werden. Vielleicht steht gerade der Jahresabschluss vor der Tür, oder der Konzernchef aus Übersee hat sich zur Revision angemeldet. Dann wird kurzfristig Ware mit großen Zugeständnissen in den Markt gedrückt.

„Der Zwischenhandel ist verpönt, aber auch erwünscht - selbst wenn die Hersteller keine offiziellen Angebote machen“, sagt einer der Anbieter. Auch aus Sicht so manches vollsortierten Großhändlers sind Teilsortimenter nichts als Rosinenpicker, die keine Verantwortung für eine kontinuierliche Versorgung übernehmen.

Gemeinsame Geschäfte macht man trotzdem. Zum Beispiel wenn Ware bei einer Tochtergesellschaft im Ausland abgegeben werden muss oder Restposten aufgelöst werden sollen. Bei unwiderstehlichen Angeboten oder dringendem Bedarf beziehen die Großhändler auch schon mal Ware abseits der Lieferkette. Reden will darüber aber niemand.

Dass sich die Großhändler nicht selbst stärker in dem Bereich engagieren, liegt einem Industrievertreter zufolge an der Grenzenlosigkeit des Geschäfts: „Fast immer gehen die Bestände in den Export. Das können nicht alle Großhändler, das wollen nicht alle Großhändler, und das dürfen nicht alle Großhändler: Schließlich haben die Landesgesellschaften Verträge mit den jeweiligen Dependancen der Hersteller.“

Obwohl sie eher im Hintergrund arbeiten und Kontakte zu ihren Geschäftspartnern ohne Marketing und Außendienst pflegen, legen die Zwischenhändler Wert darauf, nicht in die illegale Ecke gestellt zu werden. „Gefälschte Produkte hatte ich noch nie, und bei dubiosen Händlern kaufe ich erst gar nicht“, sagt ein Händler. Er beziehe seine Ware ausschließlich aus erster oder zweiter Hand. „Es gibt nur wenige schwarze Schafe, denn man kann in dem Markt auch so Geld verdienen“, sagt der Händler.

Wie viel, das bleibt sein Geheimnis. Wie alle Kaufleute lassen sich die Zwischenhändler nicht gerne in die Bücher schauen. „Das Preisgefälle ist nicht so groß, zum Teil ist man froh, wenn man 2 Prozent herausbekommt“, berichtet ein Zwischenhändler. Ein anderer meint, die Pharmazie sei in Angebot und Nachfrage „ein ganz normaler Wirtschaftsraum“. Und ein Dritter: „Der Jahresumsatz einzelner 'Pharmagroßhändler' im Graumarkt schwankt zwischen 2 Millionen und 100 Millionen Euro."

Über die eigenen Umsätze spricht jedenfalls niemand. Dafür über Gemeinnutz: Während einige Anbieter sich als Garanten für die Versorgung bei Engpässen sehen, stellen andere Effizienzaspekte nach vorn: „Es muss Zwischenhändler neben Herstellern und vollsortiertem Großhandel geben, sonst würden viel mehr Produkte in der Mülltonne landen.“

Das funktioniert allerdings nicht immer: Vor nicht allzu langer Zeit übernahm ein Apotheker mit Großhandelserlaubnis ein größeres Kontingent eines Generikaherstellers. Die Ware war vermutlich in der Hoffnung auf einen Rabattvertrag angelegt worden und musste erst einmal aus den Büchern verschwinden. „Nicht zu verkaufen“, lautete irgendwann das Urteil des Apothekers. Doch offenbar hatte er gut verhandelt: Nach Ende der Laufzeit ging die verfallene Ware an den Hersteller zurück.

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