Pharma-Mittelstand

Das sind die deutschen Pharma-Familien

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Berlin -

Die deutsche Pharmabranche ist nach wie vor vom Mittelstand geprägt. Viele der Hersteller haben Beschäftigungszahlen von unter 500 Mitarbeitern – tatsächlich sind es sogar mehr als 90 Prozent. APOTHEKE ADHOC stellt die deutschen Pharma-Familien vor.

Dr. Theiss: Mit Vorträgen in Kneipp- und Hausfrauenvereinen machte sich Apotheker Dr. Peter Theiss Ende der 1970er Jahre einen Namen. Die Nachfrage nach seinen „Hausspezialiäten“ war so groß, dass er 1978 die Produktion aus der Markt-Apotheke im saarländischen Homburg ausgründete. Die Kosmetikserie Medipharma/Olive wurde 2002 eingeführt. Später kaufte Theiss die Marke Allgäuer Latschenkiefer dazu. Seit Kurzem gehört auch Dolorgiet zur Gruppe. Unter der Eigenmarke Dr. Theiss werden Ringelblumen-Salbe, die Kosmetikserie Nachtkerzen-Hautzart und Pflanzenöl-Seifen angeboten. Theiss beschäftigt in etwa 30 Gesellschaften rund 1000 Mitarbeiter, davon 400 am Standort in Homburg.

Ursapharm: Ebenfalls aus dem Saarland kommt Ursapharm Arzneimittel. 1974 durch vier Apotheker gegründet, hat sich das Unternehmen mit seinen konservierungsmittelfreien Augentropfen einen Namen gemacht. Heute leiten Frank und Dominik Holzer die Geschäfte. Außer ihnen ist die Familie Buxmann/Mopin auf Gesellschafterseite und im Management vertreten.

Schaper & Brümmer: Schaper & Brümmer wurde 1923 von dem 22-jährigen Erich Schaper und dem 25-jährigen Albert Brümmer als „Chemisches Laboratorium Schaper & Brümmer“ gegründet. Im gleichen Jahr brachten sie Esberitox auf den Markt. Das Erkältungsmittel gehört bis heute zu den bekanntesten Marken des Familienunternehmens aus Salzgitter-Ringelheim. Der geschäftsführende Gesellschafter Arne Schaper hat sich Anfang 2014 aus dem operativen Geschäft zurückgezogen. Er führte den Hersteller seit 1991 in dritter Generation. Neben Schaper sind sechs weitere Familienmitglieder an der Firma beteiligt, von denen offenbar niemand in das Tagesgeschäft einsteigen wollte. Seit 2002 ist Susanne Caspar Geschäftsführerin. Die Pharmaexpertin war zuvor als Unternehmensberaterin für die Berliner Agentur Thom & Partner tätig.

Dr. Loges: Dr. Loges geht auf den Apotheker Werner Loges zurück, der sich im Rahmen seiner Promotion mit der Wirkung von Rauwolfia serpentina beschäftigte. 1958 brachte er mit Dysto-Loges sein erstes Präparat auf den Markt, heute gibt es rund 40 unterschiedliche Produkte, ein Dutzend davon mit Umsätzen von mehr als einer Million Euro. Besonders erfolgreich entwickelte sich zuletzt Femiloges. Carsten Timmering ist seit rund vier Jahren im Unternehmen, er leitet die Firma gemeinsam mit zwei weiteren Geschäftsführern: Dr. Andreas Biller hatte den Firmengründer 2011 an der Spitze des Unternehmens abgelöst; seit April 2014 ist mit Gregor Loges wieder ein Familienmitglied in der Geschäftsführung vertreten. Er war zuvor bei Novartis knapp vier Jahre als Brandmanager tätig. Gemeinsam mit seinen fünf Geschwistern hat er das Unternehmen vom Vater übernommen.

Dentinox: Dentinox wurde 1951 in West-Berlin gegründet. Erstes Produkt war das Zahnungsmittel „Dentinox Tropflösung“. Inhaber des Spezialisten für Kinderarzneimittel ist Hermann Schuppan.

Pascoe: 1918 gründete Friedrich H. Pascoe in Giessen den gleichnamigen Hersteller von Homöopathika. 1930 übernimmt sein Sohn Fritz die Führung, der 1970 verstarb und die Leitung an seine damals 52-jährige Frau Ingeborg weitergab. Seit 1983 leitet Jürgen F. Pascoe in dritter Generation gemeinsam mit seiner Frau Annette die Geschäfte. Die umsatzstärksten Produkte sind Neurapas balance, das Passionsblumenpräparat Pascoflair zur Beruhigung sowie die Basentabs pH-balance Pascoe, Nahrungsergänzungsmittel mit basischen Mineralstoffen und Zink zur Entsäuerung.

Hevert: Hevert Arzneimittel setzt pro Jahr rund 20 Millionen Euro um, ein großer Teil davon entfällt allerdings auf pflanzliche Präparate. Das Unternehmen aus dem rheinland-pfälzischen Nussbaum wird heute in dritter Generation geführt. Der OTC-Hersteller Hevert wird von zwei Familienmitgliedern gemeinsam geführt: Marcus Hevert ist in der Geschäftsführung für Produktion, Logistik und Verwaltung verantwortlich. Mathias Hevert ist weiterhin für Marketing, Vertrieb, Export und Wissenschaft verantwortlich.

Symbiopharm: Heilen mit bakterienhaltigen Präparaten, lautet das Motto des 1974 gegründeten Herstellers Symbiopharm. Schon 20 Jahre zuvor hatte eine kleine Gruppe engagierter Ärzte in Herborn an der Dill ein mikrobiologisches Laboratorium ins Leben gerufen; heute wird das „Institut für Mikroökologie“ als MVZ geführt. Firmenchef Dr. Volker Rusch hat sich aus dem Tagesgeschäft weitgehend zurückgezogen.

Steripharm: Wohl jede schwangere Frau in Deutschland kennt das Folsäure-Präparat Folio. Der Hersteller Steripharm wurde 1981 gegründet und geht auf die Park-Apotheke von Dr. Dieter Schöne zurück. Der Pharmazeut hatte sich bereits in den 1990er Jahren intensiv mit Folsäure beschäftigt. Das Geschäft wird heute von seiner Tochter Dr. Franziska Coenders geführt. Weitere Marken sind Nausema gegen Schwangerschaftsübelkeit sowie FolPlus für Konzentration und Gedächtnisleistung.

Bene: Im umkämpften Segment der Analgetika hält sich mit Bene ein mittelständischer Anbieter. Der Hersteller von Ben-u-ron wurde in 1949 vom Chemiker Dr. Wilhelm Benend sprichwörtlich im Keller gegründet. 1995 gab der Gründer die Verantwortung seine beiden Söhne Dr. Helmut Benend und Dr. Harald Benend ab. Die beiden Apotheker zogen sich 2013 aus der Geschäftsführung zurück und kontrollieren als Beiräte die Entwicklung.

Robugen: 1927 gründete Dr. Theodor Mauz gemeinsam mit seinen beiden Söhnen Ernst und Jörg die Pharmazeutische Fabrik Robugen. Die drei Apotheker bauten Rhabarber, Weißdorn und Kamille an, um konzentrierte und haltbare pflanzliche Arzneimittel herzustellen. Heute umfasst das Portfolio rund 30 Produkte, die teilweise nur 100 Mal pro Jahr abgegeben werden.

Ichthyol: 1925 brachte die Ichthyol-Gesellschaft das erste Arzneimittel mit dem schwefelreichen Schieferöl unter dem Handelsnamen Ichtholan auf den Markt. Das Unternehmen wird heute in vierter Generation von Rudolf Cordes geführt. Rund 50 Mitarbeiter erwirtschaften etwa 10 Millionen Euro. Das bitumenhaltige Gestein wird im firmeneigenen Bergwerk im französischen Orbagnoux südlich von Genf abgebaut und in der Produktionsstätte in Seefeld gereinigt und in eine wasserlösliche Form überführt. Aus dieser werden in Hamburg die Arzneimittel hergestellt.

Luvos: Luvos geht auf Adolf Just (1859-1896) zurück. Der Buchhändler hatte die innere und äußere Wirkung verschiedener Erden auf die Gesundheit erforscht, weil Ärzte sein Nervenleiden nicht mit schulmedizinischen Methoden heilen konnten. Das Familienunternehmen wird seit 2006 von der Urenkelin des Firmengründers geführt: Ariane Kaestner hat die Leitung des Unternehmens von Wolfram Gering übernommen. Kaestner hat den Hersteller seitdem auf neuen Kurs gebracht – und neben Patienten mit Haut- oder Magen-Darmerkrankungen auch Kunden von Naturkosmetik als Zielgruppe erschlossen.

Cheplapharm: Norbert Braun hatte 1992 gemeinsam mit seiner Frau den aus dem Friedrich-Loeffler-Institut hervorgegangenen Tierarzneimittelhersteller Riemser aus der Treuhand-Masse übernommen. Während sich die Eltern um die Expansion von Riemser – heute im Besitz einer Kapitalbeteiligungsgesellschaft – kümmerten, übernahm Sebastian Braun die Geschäftsführung bei Cheplapharm. Seitdem ist die Firma stetig gewachsen.

Medphano: Medphano feierte im Februar 2016 mit dem 25. Firmenjubiläum den Neuanfang: Nach der Wende gründeten Klaus Hauptman und Winfried Noack den Hersteller nach der Privatisierung des Bereiches Pharmazie im Zentraldepot für Pharmazie und Medizintechnik neu. Das Unternehmen mit Sitz in Rüdersdorf beschäftigt rund 40 Mitarbeiter. Schwerpunkte sind Analgetika und Antirheumatika. Eine bekannte Marke ist Analgin, die nach der Wende in den Besitz der Inhaber überging. Auch Dermatika, Diuretika, durchblutungsfördernde Mittel, Vitamine, Expektorantien, Lipidsenker, Ophthalmika, Kosmetika, Nahrungsergänzungsmittel, diätische Lebensmittel und Lebensmittel werden angeboten. Stefan Hauptmann, der Sohn des Gründers, führt derzeit den zur Firma gehörenden Lohnhersteller Spreewälder Arzneimittel.

Apogepha: Apogepha wurde vom Chemiker und Apotheker Dr. Johannes Starke aus der Insolvenzmasse einer Apothekergenossenschaft aufgebaut. Das 1882 gegründete Unternehmen ging 1933 in den Besitz der heutigen Inhaber über. 1972 wurde der Dresdener Hersteller verstaatlicht, 1991 wurde Apogepha an die Familie zurück übertragen. Henriette Starke leitet das Familienunternehmen seit 2000 als Geschäftsführende Gesellschafterin in dritter Generation.

Dermapharm: Dermapharm wurde 1991 von Wilhelm Beier gegründet. Der Firmensitz liegt in Grünwald bei München. Zur Gruppe gehören die Hersteller Dermapharm, Mibe, Cancernova, Acis und Hübner Arzneimittel. Die Medikamente werden in Brehna bei Leipzig am Standort von Mibe hergestellt. Dort sind rund 400 Mitarbeiter beschäftigt. Die Gruppe soll einen Jahresumsatz von rund 500 Millionen Euro erwirtschaften. Der Gewinn soll bei rund 100 Millionen Euro liegen. Zuletzt wurde immer wieder über einen Verkauf der Gruppe spekuliert.

Ricola: 1930 gründet Emil Richterich die Firma Richterich & Co. mit Sitz im schweizerischen Laufen, kurz Ricola. Heute leitet seit Enkel Felix Richterich als Verwaltungsratspräsident in der dritten Generation die Geschicke des Familienunternehmens mit rund 400 Mitarbeitern. Die Produkte, zu denen neben Kräuterbonbons auch Tees und Kräuterkaugummis zählen, werden in mehr als 50 Länder exportiert.

Soldan: „Wir sind Bonbonkocher, das ist unser Vermächtnis und der Wert unserer Familie.“ 2005 übernimmt Perry Soldan mit 37 Jahren die Verantwortung beim Nürnberger Hersteller von Em-eukal. Er führt den Kurs seines verstorbenen Vaters weiter und gibt 2004 die Parfümerien in Nürnberg und 2007 die Druckerei auf. Den letzten Scheck für die Verwandtschaft hat er 2007 ausgestellt, heute ist er gemeinsam mit einer Tante Alleininhaber des Unternehmens. Im Lebensmitteleinzelhandel führt er seine Marken 2008 ein. Nach zehn Jahren an der Spitze des Traditionsunternehmens Dr. C. Soldan weiß er aber auch, wie der Handel tickt und wie man sich in einem hart umkämpften Markt durchsetzt. Den Wettbewerb mit Weltkonzernen geht er selbstbewusst an – am Mittelstand führt aus seiner Sicht kein Weg vorbei.

H&S: Warum pfundweise und nicht einzeln portioniert – und damit gewinnbringender? Mit ihrem neuen Konzept für den Handel mit Tee stieß Ingeborg Häußler nach dem Krieg auf einen Nerv – auch bei den Apothekern. 1949 gegründet, führte H&S in den 1960er Jahren die ersten Arzneitees ein. Bei der Entwicklung arbeitete das Unternehmen mit Sitz in Kressbronn am Bodensee mit der Apothekerkammer Baden-Württemberg zusammen – die Apotheker hatten sich abgepackte Alternativen zu losen Teemischungen gewünscht.

Heute führt in dritter Generation Stephanie Klar das Unternehmen. H&S stellt nicht nur Tee her, sondern entwickelt und verkauft auch die Maschinen für die Verpackung. Aufträge zur Lohnherstellung nimmt das Unternehmen ebenfalls an. Die Teemarke Goldmännchen für den Lebensmitteleinzelhandel bildet ein weiteres Standbein.

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