Patientenindividuelle Arzneimittel

Blistermarkt gerät in Bewegung

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Am deutschen Blistermarkt zeichnen sich massive Veränderungen ab. Nachdem die Kohl-Tochter 7x4 Pharma ihren industriell gefertigten Wochenblister nach jahrelanger Vorbereitung zur Marktreife gebracht hat und in Kürze bundesweit zum Einsatz bringen will, drängt mit dem Hamburger Maschinenbaukonzern Körber ein weiterer schwergewichtiger Player in den Markt. Soeben hat Körber den Lohnhersteller Weimer Pharma übernommen. Ab Herbst sollen am Standort in Rastatt die ersten Blister für Pilotprojekte vom Band rollen.

Im Unterschied zur 7x4-Box aus dem Hause Kohl werden beim so genannten MediFalter der eigens gegründeten Körber-Tochter AvidiaMed alle Tabletten einzeln verblistert („Unit-Dose“-Verfahren) beziehungsweise gar nicht erst ausgeeinzelt. Die zugeschnittenen Einzelblister („Blisterhöfe“) werden in der gemeinsamen Blisterpackung zusammengeführt. Auf diese Weise sollen bei industriellem Standard Querkontaminationen und Verwechslungen vermieden werden.

Dabei kann Körber auf die hauseigene Technologie zurückgreifen: Die Unternehmensgruppe Körber-Medipak mit knapp 700 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 111 Millionen Euro ist einer der weltweit führenden Hersteller von Verpackungsmaschinen für die Pharmaindustrie. Im Konzern arbeiten 9500 Mitarbeiter; der Umsatz lag zuletzt bei 1,75 Milliarden Euro.

Verständlich, dass Körber auch im Bereich der patientenindividuellen Verblisterung keine kleinen Brötchen backen will. Der für Herbst geplante Modellversuch, in den Partner „aus dem Bereich der GKV bzw. Managementgesellschaften für die Integrierte Versorgung“ eingebunden werden, soll alle nötigen Erkenntnisse für „eine nationale Umsetzung“ liefern. „Mittelfristig wollen wir flächendeckend sein“, sagt Thomas Grözinger, Geschäftsführer von AvidiaMed.

Im Fokus stehen ambulant versorgte Chroniker; Patienten in stationärer Pflege sollen vorerst außen vor bleiben. Ob auch die Apotheken schlussendlich außen vor bleiben, ist laut Grözinger noch nicht entschieden. Im Modellprojekt soll zwar die pharmazeutische Kompetenz vor Ort zunächst eine zentrale Rolle spielen; über die weitere Einbindung wird aber erst hinterher entschieden.

Bliebe noch die alte Frage der Honorierung. Hier dürfte erheblicher Verhandlungsbedarf bestehen; schließlich gibt es bislang keine Grundlage für die Abrechnung von patientenindividuell zusammengestellten Fertigarzneimitteln. Auch das Portfolio muss noch geklärt werden. Zwar will AvidiaMed die Zahl der Hersteller nicht einschränken. Dennoch ist laut Grözinger eine „Standardisierung bei Produkt und Verfahren“ unvermeidlich.

Die Hoheit über die Versorgung, soviel steht fest, hat AvidiaMed - Verträge mit Krankenkassen, Herstellern, Logistikpartnern und Apotheken werden in Hamburg geschlossen. „Wir bieten keinen Verblisterungsservice für Apotheken“, stellt Grözinger klar.

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