Apotheken mit Großhandelserlaubnis sind für die Behörden oft eine Black Box. Denn allzu oft bleibt intransparent, zu welchem Zweck hier Arzneimittel gehandelt werden. In Nordrhein-Westfalen wurde daher in den vergangenen Jahren die Devise ausgegeben, dass beide Geschäftsbereiche zumindest räumlich getrennt geführt werden müssen. Außerdem wurde die Zuständigkeit an die Bezirksregierungen übertragen. Jetzt hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) aber in einem skurrilen Fall entschieden, dass die für den Großhandel verantwortliche Aufsicht keinen Zugriff mehr auf die Apotheke hat, sobald sie ihr die Genehmigung entzogen hat.
Im Streit ging es um eine Apotheke, der die Bezirksregierung im Mai 2024 erst die Großhandelserlaubnis temporär entzogen und im August 2024 mit sofortiger Wirkung „jedweden Großhandel mit Arzneimitteln gemäß § 52a AMG“ untersagt hatte. Über die Gründe ist nichts bekannt, aber die Apotheke wehrte sich erfolgreich vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (VG). Die Untersagungsverfügung sei bei summarischer Prüfung bereits formell rechtswidrig: Die Bezirksregierung habe außerhalb ihrer sachlichen Zuständigkeit gehandelt.
Zwar seien grundsätzlich die Bezirksregierungen zuständige Behörden im Sinne des Arzneimittelgesetzes (AMG) und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen. Abweichend davon seien aber für die Überwachung der Apotheken die Kreise und kreisfreien Städte zuständig. Die Untersagungsverfügung sei auch ausdrücklich an die „Apotheke“ als Adressatin gerichtet gewesen. Für die Zuständigkeit sei nicht maßgeblich, dass es dabei eigentlich um den Großhandelbereich gegangen sei.
Die Behörde argumentierte, dass sie nicht nur für die Erteilung der Großhandelserlaubnis zuständig sei, sondern auch für sämtliche Maßnahmen der Überwachung – auch wenn diese gegen eine Apotheke beziehungsweise den Inhaber einer Apotheke gerichtet seien.
Das OVG schloss sich der Vorinstanz an: Die Bezirksregierung habe die Untersagungsverfügung bewusst an die „Apotheke“ gerichtet, die nicht mehr über eine Großhandelserlaubnis verfügte beziehungsweise verfügen konnte. Da sie bereits drei Monate zuvor das Ruhen der im Juli 2019 durch den Kreis erteilten Großhandelserlaubnis angeordnet und den Großhandel mit Arzneimitteln untersagt hatte, war sie laut Gericht nicht (mehr) zuständig.
„Soweit die Bezirksregierung meint, eine Apotheke, die ohne die erforderliche Erlaubnis Großhandel außerhalb des apothekenüblichen Umfangs betreibe, handele nicht als ‚Apotheke im Sinne des Apothekengesetzes‘ […], sondern als Großhandel mit der Folge, dass sie […] für den Erlass der streitgegenständlichen Untersagungsverfügung sachlich zuständig sei, überzeugt dies nicht.“ Denn: „Ihre Eigenschaft als Apotheke im Sinne des Apothekengesetzes […] verliert eine Apotheke nicht dadurch, dass sie – etwaig rechtswidrig – Großhandel mit Arzneimitteln betreibt.“
Die Frage, ob die Apotheke einen über den apothekenüblichen Umfang hinausgehenden Großhandel ohne die erforderliche Erlaubnis betrieben hat beziehungsweise überhaupt betreiben konnte, musste laut OVG im vorliegenden Eilverfahren nicht entschieden werden.
Die Bezirksregierung hatte noch argumentiert, dass sie tatsächlich bis 2022 nur zuständig gewesen sei, soweit der Großhandel nicht zu einer Apotheke gehörte. Mit der Änderung der Zuständigkeitsbestimmungen sei die Unterscheidung aber bewusst aufgehoben worden. Laut OVG schlägt sich das aber nicht in den Vorschriften zu den Zuständigkeiten wieder. „Die Bezugnahme auf die Stellungnahme der Sprecherinnen und Sprecher der Expertenfachgruppe der Amtsapothekerinnen und Amtsapotheker von November 2021, die eine Übertragung der Überwachung des Großhandels mit Arzneimitteln, der durch Apothekerinnen und Apotheker verantwortet wird, die gleichzeitig Inhaber einer Apothekenbetriebserlaubnis sind, auf die Bezirksregierungen befürwortet haben, genügt hierfür nicht.“