Tschechien

Regierung streicht Medikamentenzuzahlung

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Prag -

In Tschechien werden zum Jahreswechsel die Praxisgebühr beim Arzt und die Zuzahlung bei Medikamenten abgeschafft. Damit setzt die Regierung unter dem Sozialdemokraten Bohuslav Sobotka ein Wahlkampfversprechen um. Das Mitte-Links-Kabinett hat die Änderungen gestern beschlossen. Die Zustimmung des Parlaments gilt wegen der großen Mehrheit der Koalition als sehr wahrscheinlich.

Der sogenannten Regulierungszuschlag beträgt derzeit 30 tschechische Kronen (rund 1 Euro) pro Arztbesuch oder Rezept. Beibehalten wird in Zukunft nur eine Notdienstgebühr von 3 Euro. Um die Ausfälle zu kompensieren, soll der Staat im kommenden Jahr den Krankenkassen voraussichtlich rund 150 Millionen Euro zusätzlich überweisen.

Man sei noch dabei, die genaue Summe zu berechnen, sagte eine Sprecherin des Gesundheitsministerium in Prag. Ein Teil des Geldes gehe an Arbeitslose und Mütter im Mutterschutz. Einen anderen Teil müssten die Krankenkassen an Arztpraxen und Apotheken weitergeben, um deren Verluste vollständig auszugleichen.

Diesen Versicherungen schenken tschechische Apotheker nur bedingt Glauben. Viele befürchten trotzdem Einbußen. Der Präsident der tschechischen Apothekerkammer, Dr. Lubomír Chudoba, sagte, die Offizinen in seinem Land stünden ohnehin unter massivem wirtschaftlichem Druck. „Die Preise für Medikamente sind in den letzten zwei Jahren deutlich gefallen“, so Chudoba. Um das zu kompensieren, müsse ein neues System eingeführt werden. Er fordert von den Krankenversicherungen eine Verschreibungsgebühr von etwa einem Euro pro Rezept. „Allerdings bin ich selbst pessimistisch, dass das bald umzusetzen ist“, sagte Chudoba. Eine Lösung werde wohl frühestens 2016 erreicht werden.

Die Zuzahlung fungiert auch als Wettbewerbsinstrument: Viele Apotheker in Städten kassieren zwar die Gebühren, gewähren ihren Kunden aber gleichzeitig Rabatte in derselben Höhe. Wie es mit diesen Rabatten weitergeht, ist derzeit noch unklar.

Die Zuzahlung war im Januar 2008 als Steuerungsinstrument eingeführt worden; befreit waren ausschließlich Kinder unter drei Jahren. Bis dahin war jeder Tscheche statistisch gesehen dreizehn Mal jährlich zum Arzt gegangen, das war doppelt so oft wie in den anderen EU-Staaten. Auch beim Arzneimittelverbrauch lag das Land im internationalen Vergleich vorn.

Die Einführung der Gebühren hatte zu Vorzieheffekten geführt: Nachdem Ende 2007 in Apotheken und Arztpraxen Hochbetrieb geherrscht hatte, brachen im ersten Quartal 2008 die Umsätze in den Apotheken um bis zu 25 Prozent ein.

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