Polen

Zurück zum Fremdbesitzverbot

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Berlin -

In Polen will der stellvertretende Gesundheitsminister Krzysztof Landa den Apothekenmarkt reregulieren: Künftig sollen mindestens 51 Prozent der Gesellschaftsanteile von einem Apotheker gehalten werden. Die Apothekerkammer begrüßt diesen Vorstoß, da davon die Patienten profitierten.

Konkrete Pläne liegen noch nicht vor. Landa hofft aber, bis Ende Juli detaillierte Lösungen im Ministerium diskutiert zu haben. Der gesamte Maßnahmenkatalog soll Anfang August präsentiert werden. Sollte dieser Zeitplan eingehalten werden, könnten die Änderungen bereits 2017 in Kraft treten.

Der polnische Apothekenmarkt ist extrem unreguliert – und zersplittert. Laut Gesetz dürfen nicht mehr als 1 Prozent der Apotheken in einer Woiwodschaft zu einer Kette gehören. Insgesamt gibt es 16 solcher Landkreise.

Laut Statistiken gehören 35 Prozent der mehr als 14.000 Apotheken in Polen zu einer Kette mit mehr als fünf Filialen. Am Gesamtumsatz haben die rund 330 Apothekenketten im Land sogar einen Anteil von 51 Prozent. Die vier größten Ketten sind Dbam o Zdrowie mit 600 Filialen (PGF/Pelion), Dr. Max mit 360 Filialen (Penta) sowie Farmacol mit 200 und Grupa Bliska Apteka mit 113 Filialen. Insgesamt gibt es ein Dutzend Ketten mit mehr als 50 Filialen, darunter auch der israelische Einzelhändler SuperPharm.

Wem die Apotheken gehören, lässt sich im Einzelfall kaum kontrollieren, vor allem, wenn die Besitzer aus dem Ausland stammen. Polnische Medien berichten von zahlreichen Anbietern, die die zulässige Grenze in den Verwaltungsbezirken umgehen und überschreiten.

Obwohl noch keine Details zur geplanten Re-Regulierung bekannt sind, verfolgt die polnische Öffentlichkeit die Entwicklung gespannt. Die Medien sprechen von der Idee der „Apotheke für den Apotheker“. Und das zurecht, sagt Piotr Bohater, der Vizepräsident der Niederschlesischen Apothekenkammer. Ohne Novellierung des Apothekengesetzes gäbe es in einigen Jahren nur noch drei bis vier Apothekenketten auf den polnischen Markt, die Preise seien nicht mehr zu steuern, befürchtet er.

Das derzeitige liberale System sei nicht nur intransparent, sondern führe auch zu Problemen bei der Arzneimittelversorgung. Laut Bohater sind die polnischen Arzneimittel um ein Vier- bis Fünffaches günstiger als in Deutschland. Die Folge: Es wird viel exportiert, in Polen bleibt zu wenig zurück. Dass ein Patient ein bis zwei Wochen auf sein Insulin warten müsse, sei deshalb längst keine Ausnahme. Die Regierung versucht bereits, die Exporte gesetzlich zu unterbinden.

Mit der Einführung des angekündigten Gesetzes könnte die starke Konkurrenz der Ketten aufgeweicht werden, sagt Bohater: Die Apothekenanzahl würde nicht mehr so schnell steigen, vielleicht sogar abnehmen. Die bestehenden Apotheken könnten sich ökonomisch stabiler aufstellen, mehr Personal einstellen, mehr Arzneimittel an Lager legen und eine umfangreichere Beratung gewährleisten. Davon würden die Patienten profitieren.

Deshalb glaubt Bohater, dass die Pläne auch umgesetzt werden. Die Apothekenketten wehren sich und haben Studien veröffentlicht, nach denen die europäischen Märkte insgesamt stark dereguliert und liberal seien. Polen stelle keine Besonderheit dar.

Als Vorbild für die polnische Regierung dient das ungarische Modell. 2011 hatte die rechtskonservative Regierung in Budapest entschieden, dass Apotheken zu mehr als 50 Prozent approbierten Apothekern gehören müssen und dass jeder Pharmazeut maximal vier Filialen betreiben darf. Den Kettenbetreibern wurde eine Übergangsphase eingeräumt, um die Besitzverhältnisse neu zu ordnen.

Der Versuch, den Apothekenmarkt wieder stärker zu regulieren, hat bereits die EU-Kommission auf den Plan gerufen. Phoenix hatte sich in Brüssel über die Enteignung beschwert; daraufhin wurde ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Vermutlich wird sich irgendwann der Europäische Gerichtshof (EuGH) wieder mit dem Fremdbesitzverbot für Apotheken beschäftigen müssen.

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