Auf dem Weg zur/zum Apotheker:in gibt es in Österreich nach dem erfolgreichen Abschluss des Masterstudiums der Pharmazie äquivalent zum Pharmazeut:in im Praktikum (PhiP) das Aspirantenjahr. Mit dem Jahr in der Apotheke vor Ort ist der frühere Pharmakologie-Professor der Uni Wien, Dr. Christian Studenik, endlich da, wo er hinwollte – auch wenn es wohl selten solche lebenserfahrenen Aspirant:innen wie ihn gibt.
Der beliebte Professor will es in der Pension noch einmal wissen und startet zu seiner insgesamt dritten beruflichen Karriere – und zwar dort, wo er eigentlich nie hinwollte: in der Apotheke geht es für ihn noch einmal zurück zum Anfang. „Ich wollte nie in eine Apotheke“, erklärt der vermutlich bekannteste Kapperlträger der österreichischen Pharmaziewelt.
Studeniks Karriere an der Universität Wien war zuvor bereits zweite Karriere. Davor war er schon zwei Jahre erfolgreich in der Industrie unterwegs gewesen; bei Pfizer im Marketing. „Ich war für die Gruppe Herz-Kreislauf/Psychopharmaka zuständig. Die betreute ich von der pharmakologischen Seite und natürlich auch vom Wirtschafts- und Marketingaspekt.“ Es sei leichter gewesen, sich das wirtschaftliche Wissen anzueignen als das pharmazeutische, erklärt Studenik und ergänzt: „Das war cool.“
Studenik zieht den Zirkelschluss zu seiner aktuellen Lebensrealität: „Der Umstieg von der Uni zur Industrie ist wesentlich einfacher als von der Uni zu Apotheke. Apotheke ist eine komplett andere Welt – wie ich jetzt festgestellt habe.“ Es folgt ein nicht ganz so lockeres Lachen. Apothekenteams haben an dieser Stelle vermutlich Verständnis. Alleine die körperliche Belastung ist für den Professor im Ruhestand schon gewöhnungsbedürftig.
„Ich wusste nicht, wie anstrengend das ist. Dabei habe ich in den letzten 30 Jahren allen Absolventinnen und Absolventen gepredigt, dass sie das Aspirantenjahr unbedingt absolvieren sollen.“ Jetzt lacht er wirklich.
Der Übergang vom Hörsaal zur Tara war ein nahtloser. „Ich wollte keine Zeit verlieren“, zwinkert Studenik. Keine kleine Weltreise zum Pensionsantritt? „Das hatte ich schon nach meinem Studium“, winkt der Ehrgeizige ab. „Da bin ich zwei Monate durch die ganze Welt gezogen.“ Wobei das Reisen ein ständiger Begleiter während des Aspirantenjahres wurde. Seit dem 1. Oktober steht er an der Tara in der Apotheke zum Lebensbaum in Salzburg – rund 350 Kilometer weg von seinem Wohnsitz nahe dem Neusiedlersee; den sieht er aktuell nur am Wochenende.
Die Distanz ist eine Mischung aus Absicht – „Ich wollte nicht so nahe an der Uni dran sein“ – und Zufall: „Die Apotheke gehört einem Freund von mir.“ Deshalb darf der Neo-Aspirant auch geblockt arbeiten. Montag ist sein freier Tag, dafür ist er meist samstags im Einsatz. Vermutlich auch ein ganz neues Arbeitsgefühl für den ehemaligen Staatsdiener. In Salzburg steht Studenik eine kleine Dienstwohnung zur Verfügung – ebenfalls nicht ganz der Aspiranten-Standard, wenngleich in Zeiten von Personalmangel durchaus denkbar. Die verlässt er selten. „Am Abend bin ich immer sehr, sehr müde.“
Ein erstes Resümee nach vier Monaten Aspirantenzeit: Rezeptur gab es bisher noch nicht, dafür aber bereits eine Einführung in die Warenübernahme und das „echte“ Apothekenleben. „Wir haben schon auch einige anstrengende Kunden“, seufzt Studenik, zieht aber gleich wieder Positives daraus: „Ich bin in einer sehr beratungsintensiven Apotheke. Das gefällt mir.“ Man merkt, dass ihm dieser Aspekt Spaß macht. Genauso wie der Besuch des Aspirantenkurses einmal im Monat. „Das ist total gut organisiert“, schwärmt der älteste Berufsanwärter, „und die Leute sind total nett“. „Die Salzburger Apothekerkammer ist wirklich toll.“
Als Industriebotschafter verbrachte der damalige Magister viel Zeit auf Kongressen und bekam dort eine Dissertationsstelle angeboten. Der Weg zum Uni-Professor war zu diesem Zeitpunkt eigentlich nicht im Plan. „Ich wollte eigentlich nur die Dissertation machen und nachher wieder in die Industrie zurück,“ erinnert sich Studenik. Was folgte, waren aber 37 Jahre an der pharmazeutischen Fakultät, die ihm viel Freude bereitet haben. Er hätte auch statt der Apotheke den Unruhestand als Dozent wählen und ab und an zu Vorlesungen an seine alte Wirkstätte zurückkehren können. „Aber das wollte ich nicht. Irgendwann muss Schluss sein.“
Die Begeisterung für Naturwissenschaften brachte ihn damals zum Pharmaziestudium. Schon während der Schulzeit hatte Studenik an der Vorbereitung zur Chemieolympiade teilgenommen, sich dann aber – wie viele andere, die heute in der Apotheke stehen – für etwas mit mehr Vielfalt und Praxisbezug entschieden. Und zum Schluss für alle zum Aufatmen: Studeniks eigene Studiendauer lief über knapp 14 Semester – wegen der langen Wartezeiten auf einen Laborplatz.