Studie zur Digitalisierung

McKinsey: E-Rezept spart Milliardenbetrag

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Berlin -

Durch den stärkeren Einsatz digitaler Hilfsmittel könnten die Kosten von Krankenhäusern, Arztpraxen, Apotheken und anderen Gesundheitseinrichtungen einer Studie zufolge deutlich gesenkt werden. Das Beratungsunternehmen McKinsey sieht ein jährliches Nutzenpotenzial von 42 Milliarden Euro – das wären 12 Prozent der Gesundheits- und Versorgungskosten. Auch dem E-Rezept wird ein Einsparpotenzial in Milliardenhöhe attestiert.

Zum Thema E-Rezepte erklärt McKinsey: „Digitale Version von Medikamentenrezepten, die in Echtzeit an Apotheken übermittelt werden können und die Verwendung der Rezeptdaten für automatische Tests erlauben (z.B. Wechselwirkungen von Medikamenten)“. Das Einsparpotenzial wird beziffert auf eine Milliarde Euro.

Dazu müsse der Start stärker unterstützt werden: „Die flächendeckende Einführung des E-Rezepts mit Fokus auf Nutzerfreundlichkeit für Arztpraxen, Apotheken und Patienten sollte forciert werden. In der aktuellen Testphase könnte insbesondere das Nutzererlebnis evaluiert werden. Ziel muss es sein, die Grundlagen für eine maximale spätere Akzeptanz zu schaffen.“

Dasselbe gilt laut McKinsey für Videosprechstunden: „Obwohl die Telekonsultation Leistungserbringer und Patienten näher zusammenbringt und ein erhebliches Nutzenpotenzial birgt, ist die Einführung der Technologie weiterhin mit Restriktionen belegt, die den Anstieg der Nutzerzahlen hemmen.“ So dürften Ärztinnen und Ärzte derzeit nur 30 Prozent ihrer Patienten per Telekonsultation behandeln und abrechnen. „Eine Abschaffung der fallbezogenen Begrenzung könnte Nutzerzahlen und Nutzung erhöhen sowie einen differenzierteren Einsatz in verschiedenen Fachrichtungen erlauben.“ Eine stärkere Nutzung bietet sich den Autoren zufolge etwa in der Dermatologie oder Psychotherapie an.

Keine Angst vor Digital Health

Ärztinnen und Ärzte müssten dabei keine Angst haben, sie blieben auch im Bereich Digital Health zentrale Ansprechpersonen. „Telemedizin ist dabei eine digitale Gesundheitsanwendung mit einer der niedrigsten Eintrittsschwellen: Ein bekanntes Angebot wird lediglich in einen anderen Kanal verlagert. Wird dieses Angebot zudem von einer vertrauten Arztpraxis bereitgestellt, kann dies die Nutzung für alle Beteiligten erheblich erleichtern (nicht nur im ländlichen Raum).“

26 digitale Lösungen müssten eingeführt werden, um das errechnete Potenzial von 42 Milliarden Euro zu heben. McKinsey hat die verschiedenen Tools geclustert und mit konkreten Einsparbeträgen versehen:

  • Online-Interaktionen: 12 Milliarden Euro
  • Patienten-Selbstbehandlung: 4,6 Milliarden Euro
  • Patienten-Self-Service: 2,5 Milliarden Euro
  • Arbeitsabläufe/Automatisierung: 6,7 Milliarden Euro
  • Ergebnistransparenz/Entscheidungsunterstützung: 6,4 Milliarden Euro
  • papierlose Daten: 9,9 Milliarden Euro

Drei Leistungsbereiche

  • Digitale Gesundheit – Lösungen, die Patienten direkt in das Gesundheits-management einbeziehen
    • Telekonsultation: 5,7 Milliarden Euro
    • Fernüberwachung von Chronikern: 4,3 Milliarden Euro
    • elektronische Terminvereinbarung: 2,5 Milliarden Euro
    • Management chronischer Erkrankungen: 2,4 Milliarden Euro
    • E-Triage: 2 Milliarden Euro
    • ...
  • E-Health – Lösungen, die sich hauptsächlich an Fachkräfte im Gesundheitswesen richten und auf schlankere Prozesse bei Leistungserbringern abzielen
    • mobile Vernetzung Pflegepersonal: 2,3 Milliarden Euro
    • Leistungs-Dashboards: 2,2 Milliarden Euro
    • Steuerung Patientenströme: 1,8 Miilliarden Euro
    • klinische Entscheidungsunterstürzung: 1,8 Miilliarden Euro
    • Barcode Verabreichung Medikamente: 1,2 Milliarden Euro
    • RFID: 1,1 Milliarden Euro
    • ...
  • Enabler-Technologien – Lösungen, die alle Beteiligten und Prozesse im gesamten Ökosystem des Gesundheitswesens unterstützen
    • einheitliche elektronische Patientenakte/Austausch: 7 Milliarden Euro
    • E-Rezept: 1 Milliarde Euro
    • krankenhausinterne Mitarbeiterkommunikation: 1 Milliarde Euro

Dabei geht es nicht nur um direkte Einsparungen, sondern auch um vermiedene Kosten und eine bessere Leistung. Würden etwa verstärkt Online-Terminbuchungen genutzt, müsse das Praxispersonal weniger Zeit am Telefon verbringen, und es habe mehr Zeit für andere Arbeiten. Ein weiteres Beispiel sind digitale Überwachungsprogramme, mit denen eine Krankheit frühzeitig erkannt wird, so dass es gar nicht erst zum teuren Krankenhausaufenthalt kommt. „Richtig eingesetzt, kann die Digitalisierung im Gesundheitsbereich massiven Nutzen stiften“, sagte Studienautor Stefan Biesdorf.

Rund 61 Prozent des Gesamtpotenzials ergeben sich aus Produktivitätssteigerungen bei den Leistungserbringern, 39 Prozent aus der Verringerung des medizinischen Bedarfs.

Die Studie wurde im Auftrag des Bundesverbands Managed Care (BMC) erstellt. Der Verband, der von Zur Rose gefördert wird, hatte bereits 2018 eine erste Studie zu den finanziellen Vorteilen der Digitalisierung in Auftrag gegeben: Das Einsparpotenzial belief sich damals auf rund 34 Milliarden Euro pro Jahr, ist also seitdem deutlich gewachsen. Lediglich rund 1,4 Milliarden Euro des Potenzials sind bislang erschlossen.

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