Wieder steht ein Kunde vor Dr. Ulrich Becker und ist verwirrt. Der Filialleiter muss erneut Aufklärungsarbeit leisten – es geht um die verschiedenen Arten, ein Rezept auszustellen. Verordnungen über Rx-Arzneimittel landen auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK), Teststreifen-Rezepte etwa auf dem Papier. „Es ist für alle undurchsichtig und anstrengend“, sagt der Apotheker. Die Gematik informiert unterdessen über die neuesten Rollouts für Betäubungsmittel, T-Rezepte oder Verordnungen für Heilmittel.
Becker ist kein Kritiker des E-Rezepts. „Wenn es funktioniert, funktioniert es gut“, sagt er. „Ich stehe voll dahinter, die Einführung hat in der Apotheke vieles einfacher gemacht.“ Allerdings gebe es ein Problem: „Der aktuelle Flickenteppich sorgt bei den Patienten für Unmut, das erlebe ich in der Apothekenpraxis täglich: das eine ist ‚auf dem Kärtchen‘ das andere auf Papier.“
Die Kundschaft sei „Rezept-verwirrt“. Ständig gebe es Nachfragen wie etwa bei Fentanyl-Pflastern, die auf dem gelben Papierrezept verordnet werden. Die Kundinnen und Kunden müssten deshalb oft mehrfach in die Apotheke, weil sie davon ausgingen, die Praxis habe alles über die eGK verordnet und deshalb ohne Papierrezept gingen. „Wieder obliegt es dann der Apotheke, die Rezepte mühsam zusammenzutreiben, aufzuklären und zu besänftigen.“
Privatversicherte etwa können E-Rezepte nur erhalten, wenn ihre Krankenversicherung bereits eine digitale Identität, die sogenannte GesundheitsID, und den sogenannten Online-Check-in anbietet. Auch Dosierautomaten für die Substitutionstherapie, Medizinprodukte, Sprechstundenbedarf oder Krankentransporte können noch nicht digital verschrieben werden. Grüne Rezepte, also Empfehlungen der Ärztinnen oder Ärzte, können ebenfalls nur digital verordnet werden, wenn das Praxissystem die Technik bereits unterstützt.
Anders als früher müssten die Kundinnen und Kunden die Verordnungen selbst im Auge behalten, doch das sei beim E-Rezept schwierig, da nicht alle mit einer App organisiert seien und nicht immer wüssten, was auf der eGK noch offen oder überhaupt gespeichert ist. „Es wäre schön, einmal zuverlässig zu wissen, wann mit einem Ende dieses Durcheinanders zu rechnen ist“, so Becker.
Die Gematik gibt in einer Roadmap mit Stand Ende Mai einen Zeitplan für die weitere Einführung von digitalen Verordnungen vor. Demnach soll das E-Rezept für Pflegeeinrichtungen in diesem Jahr im vierten Quartal kommen. Betäubungsmittel und T-Rezepte sollen im kommenden Jahr digital verschrieben werden können – im dritten beziehungsweise im vierten Quartal ist die Einführung der Roadmap zufolge geplant. Kurz zuvor hieß es noch, dass sich Einführung des elektronischen T-Rezeptes auf unbestimmte Zeit verschiebt. Zum einen, weil der Wunsch besteht, das E-T-Rezept und das E-Rezept für Betäubungsmittel (BtM) gemeinsam einzuführen. Zum anderen, weil andere Spezifikationen Vorrang hatten.
Das Rollout für Hilfsmittel soll laut Gematik im Anschluss folgen: Im ersten Quartal 2027 will die Gematik die digitale Verordnung für diese Gruppe live schalten. Im zweiten Quartal des gleichen Jahres sollen E-Rezepte für die häusliche Krankenpflege folgen.