Egal ob geimpft oder genesen

Virologie-Gesellschaft: Personen mit drei Antigenkontakten gleichstellen

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Berlin -

In den vergangenen Wochen wurde häufiger herausgestellt, dass eine gute Schutzwirkung gegen Sars-CoV-2 nach drei Antigenkontakten aufgebaut ist. Darauf verweist nun auch die Gesellschaft für Virologie. Sie geht sogar noch einen Schritt weiter und fordert, dass Menschen mit drei Antigenkontakten gleichgestellt werden – unabhängig davon, ob diese Kontakte durch Impfung oder Infektion zustande kommen.

Wie lange hält der Schutz gegen Sars-CoV-2 nach einer Impfung oder Infektion an? Wie gut ist der Immunschutz nach zwei beziehungsweise drei Impfungen oder einer Durchbruchsinfektion? Aktuell herrscht unter anderem großes Chaos und viel Unsicherheit, wenn es um die Gültigkeit von Genesenennachweisen geht und ob beispielsweise eine anschließende Booster-Impfung noch notwendig ist. Die Konstellationen aus geimpft und genesen sind mittlerweile undurchsichtig wie nie.

Drei Kontakte zum Spike-Protein entscheidend

Es kristallisiert sich heraus, dass Menschen, die drei Antigenkontakte mit Sars-CoV-2 hatten, gut vor einer erneuten Ansteckung geschützt sind. Das gemeinsame Antigen, mit dem man sowohl bei einer Impfung als auch einer Infektion in Kontakt kommt, ist das Spike-Protein von Sars-CoV-2. Gebildete Antikörper richten sich gegen es, binden an das Virus und können so das Anheften an die Zelle verhindern. Neutralisierende Antikörper gelten daher als häufigster gemessener Indikator als Schutz vor einer erneuten Infektion – auch, wenn sie eigentlich nur einen Teil des Immunschutzes angeben.

Neutralisierende Antikörper & zelluläre Immunantwort unterscheiden sich

Antikörper, welche sich nach einer Impfung oder Genesung bilden, unterscheiden sich in Qualität und Vielfalt. Verschiedene Studien konnten zeigen, dass Ungeimpfte nach einer Infektion oft keine ausreichende Menge an Antikörpern gebildet haben, um vor der Omikron-Variante geschützt zu sein. Menschen, die eine Kombination aus Impfung und Infektion durchlaufen, oder Geboosterte, weisen eine bessere neutralisierende Antikörperantwort gegen die Omikron-Variante auf.

Bei der Abwehr spielt jedoch auch die zelluläre Immunität eine wichtige Rolle, besonders die T-Zellen, welche virusinfizierte Zellen erkennen und zerstören. „Der Schutz vor schweren Covid-19-Verläufen hängt deshalb nicht ausschließlich von neutralisierenden Antikörpern ab, sondern auch von der Fähigkeit der T-Zellen, infizierte Zellen im Körper zu erkennen und abzutöten“, erklärt die Gesellschaft für Virologie. „Hier gibt es erste Publikationen, die darauf hindeuten, dass im Gegensatz zur Antikörperantwort die T-Zell Antwort bei Genesenen wie auch bei vollständig Geimpften bei einer Infektion mit der Omikron-Variante weiterhin wirksam ist.“ Das liege daran, dass die Angriffsziele, die von den T-Zellen erkannt werden, bei den Sars-CoV-2 Varianten wenig verändert sind. „Es ist davon auszugehen, dass diese T-Zellantworten einen guten Schutz gegen schwere Covid-19-Verläufe nach Infektion mit der Omikron-Variante vermitteln können, allerdings liegen hierzu bisher keine Daten vor.“

Impfanamnese muss bei Genesung berücksichtigt werden

Die Gesellschaft kritisiert, dass beispielsweise beim Genesenennachweis vom Robert-Koch-Institut (RKI) nicht zwischen Genesenen ohne oder mit Impfung in der Vorgeschichte unterschieden wird. Die Expert:innen sehen jedoch einen klaren Unterschied zwischen den folgenden Gruppen:

  • Genesene ohne Covid-19 Impfanamnese: Hierbei handelt es sich um Genesene, die zu keinem Zeitpunkt eine Impfung erhalten haben.
  • Genesene mit Covid-19 Impfanamnese: Hierbei handelt es sich um Genesene, bei denen eine Covid-19 Impfanamnese in verschiedenen Kombinationen zusätzlich zur Infektion vorliegt.

Geimpft oder genesen – Konstellation ist egal für Immunschutz

Sie verweisen darauf, dass die Anzahl der Antigenkontakte entscheidend ist – wobei als Antigenkontakt entweder eine einmalige Impfung oder eine Infektion gilt. „So hat beispielsweise eine vollständige geimpfte Person (nach zwei Impfdosen), die zusätzlich eine Infektion durchgemacht hat, insgesamt drei Antigenkontakte.“ Studien würden zeigen, dass sich nach drei Antigenkontakten qualitativ hochwertige Antikörper gegen das Sars-CoV-2 Virus entwickeln, die auch in der Lage sind, die Omikron-Variante zumindest teilweise zu neutralisieren. „Dies ist unabhängig von den unterschiedlichen Konstellationen der Antigenkontakte, also unabhängig davon, ob eine Person 3-fach geimpft, 2-fach geimpft und genesen oder genesen und 2-fach geimpft ist.“

Wichtig sei jedoch, dass zwischen zwei Antigenkontakten jeweils ein Abstand von mehreren Wochen liege. „So zeigen Genesene, die zwei Impfungen im Abstand von nur drei Wochen erhalten, durch die zweite Impfung keine Steigerung der Antikörperantwort im Vergleich zur ersten Impfung.“ Aktuell könne jedoch keine Aussage darüber getroffen werden, wie lange ein Schutz mehrfach Infizierter ohne Impfung bestehe.

Mehr Klarheit: Gleichstellung für alle mit drei Antigenkontakten

Außerdem sei aktuell unklar, wie lange und in welchem Umfang der Schutz bei Genesenen mit nur einer Impfung (2 Antigenkontakte) bestehe. Für andere denkbare Kombinationen der Zusammensetzung der drei Antigenkontakte liegen ebenfalls keine Daten vor. Es sei allerdings davon auszugehen, dass auch in diesen Fällen qualitativ hochwertige Antikörper gegen das Sars-CoV-2 entwickelt werden. „Unter Berücksichtigung dieser Datenlage schlägt die Gesellschaft für Virologie vor, deutschlandweit eine pragmatische Regelung anzuwenden, die Personen mit drei Antigenkontakten, unabhängig von der Art der Antigenkontakte (Impfung oder Infektion), gleichsetzt“, schlussfolgern die Expert:innen.

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