Deutscher Apothekertag

KBV: Apotheken werden teure Medikamente abgeben

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Düsseldorf -

Für die Ärzt:innen war es gestern ein „schwarzer Tag“, so Dr. Sybille Steiner (KBV), als Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) ihre Eckpunkte auf dem Deutschen Apothekertag vorgestellt hat. Denn Apotheken sollen verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne Rezept abgeben dürfen. Steiner sieht medizinische und wirtschaftliche Probleme. 

Apotheker:innen soll es künftig möglich sein, verschreibungspflichtige Arzneimittel ohne ärztliche Verordnung abzugeben, etwa an chronisch Kranke mit bekannter Langzeitmedikation im Fall eines dringenden Bedarfs. Auch bei bestimmten unkomplizierten Erkrankungen wie einem Harnwegsinfekt sollen sie eigenverantwortlich ausgewählte verschreibungspflichtige Arzneimittel abgeben können. Das Ziel: Praxen entlasten und Patient:innen schneller versorgen. Für Steiner wird dieses Ziel jedoch verfehlt. Die Eckpunkte entlasten die Praxen nicht, denn es würden Doppelstrukturen geschaffen.

Möglichkeiten zur Zusammenarbeit sieht Steiner zum Beispiel bei pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) wie der Anwendungsberatung für Inhalativa. Solche pDL im Sinne der richtigen Anwendung seien absolut notwendig. Auch die Krankenkassen sollten das unterstützen, da durch die korrekte Anwendung eine gute Wirksamkeit und ein geringerer Verbrauch erreicht werden. Auch bei der Medikationsanalyse könnten die Apotheken zukünftig einen wichtigen Beitrag leisten, indem sie die Medikationsliste um OTC-Arzneien ergänzen oder Medikationschecks zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit durchführen.

„Vor einer Medikation gibt es eine Diagnostik und dann eine Therapie“, so Steiner. „Der Arztvorbehalt hat Sinn und ist dafür da, dass der Patient nicht gefährdet wird.“ Die Trennung zwischen Verordnung und Abgabe ist sinnvoll. „Ist die Trennung nicht mehr vorhanden, haben Apotheken das Interesse, teurere Medikamente abzugeben“, so Steiner.

„Die Verordnung muss dem Arzt vorbehalten bleiben, aber eine Änderung der Verschreibungspflicht in dem Fall möglich“, macht Abda-Präsident Thomas Preis deutlich. Denn es gehe darum, dass Chroniker, die eingestellt sind, versorgt werden können. „Es geht darum jemandem zu helfen und eine kontinuierliche Medikation sicherzustellen. Das ist auf jeden Fall medizinisch verantwortbar.“ Doch klar ist: Das kann nicht auf das Budget der Ärzt:innen gehen. „Wir werden nicht das teuerste abgeben“, versichert Preis.

Auch den Vorwurf der Gefahr von mehr Resistenzen, durch die Abgabe von Antibiotika bei Bagatellerkrankungen durch Apotheker:innen kontert Preis. Apotheker:innen seien sich der Gefahr der Resistenzentwicklung bewusst.

Auch Dirk Ruiss (vdek) sieht die Vermischung der Aufgaben kritisch. Dabei gehe es um drei Herausforderungen. Zum einen dürfen keine Doppelstrukturen geschaffen werden und zum anderen müssen Qualität und Wirtschaftlichkeit aufrecht erhalten werden. Hinzukommt, dass vermeintliche Probleme nicht dadurch gelöst würden, wenn man es noch komplizierter macht. Die Aufgaben müssten klar verteilt werden.

Auch Impfungen seien laut Steiner eine originär ärztliche Tätigkeit. Zudem das Thema Patientensteuerung kam zur Sprache. „Was ist Bedarf, was ist Bedürfnis?“, so Steiner. Die Devise müsse sein: „Digital und ambulant vor stationär“. Eine Rolle der Apotheker sieht sie hier aber nicht.

Mückenstiche oder erhöhte Temperatur gehörten nicht als Notfall in eine Praxis, hier sei klar die Apotheke der erste Ansprechpartner, so Preis. Alle Akteure müssten gemeinsam daran arbeiten, die Gesundheitskompetenzen der Bevölkerung zu erhöhen.

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