Apotheken stärker bei Präventionstests einzubinden, lehnt der Verband Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM) ab. „Patientenzentrierte und qualitätsorientierte Labordiagnostik ist integraler Bestandteil guter Medizin und effizienter Gesundheitsversorgung – sie gehört in ärztliche Hand.“
„Es geht uns darum, in die Weiterentwicklung einbezogen zu werden, um die Qualität der Versorgung zu sichern“, sagt Dr. Michael Müller, 1. Vorsitzender des ALM. „Auch die Labordiagnostik in der Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mellitus und erst recht in der Infektionsdiagnostik braucht klare Verantwortlichkeiten und geprüfte Qualität – dafür stehen wir als Labore in der Medizin.“
Die Pläne aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG), diagnostische Tätigkeiten auf Apotheken auszuweiten, stellten hingegen Risiken für die Qualitätssicherung und Patientensicherheit dar. Die Zahl der Apotheken, die diese Leistungen selbst anbieten wollen würden, sei ohnehin nicht besonders hoch, betont der Verband. „Statt neue Parallelstrukturen zu schaffen, sollte der direkte Zugang für Versicherte zu fachärztlicher Labordiagnostik erleichtert werden – etwa durch eine bessere Einbindung in die hausärztliche Versorgung oder qualitätsgesicherte Voucher-Modelle.“
Die Schnelltests auf Infektionserkrankungen würden bereits bei der Indikationsstellung, also der Auswahl der richtigen Laboruntersuchung, ärztliche Expertise erfordern, heißt es weiter. Dass künftig ohne medizinische Qualifikation unter anderem auf Influenza, Adenoviren-, Noro- und RSV-Infektionen, HIV, Hepatitis C, Sars-CoV-2 oder Syphilis getestet werden soll, höhle einen Pfeiler der Qualitätssicherung in der Diagnostik aus.
„Testen ist keine reine technische Leistung mit Anwendung eines Laborverfahrens“, so Müller. „Nur wenn Laborbefunde auch ärztlich eingeordnet werden, können sie zu richtigen Entscheidungen in Prävention, Therapie und Infektionsschutz führen. Ohne diesen Kontext drohen Fehlinterpretationen, falsche Sicherheit und im schlimmsten Fall Schaden für die Patientinnen und Patienten. Die Vorstellung, dass kranke Menschen mit potenziell übertragbaren Krankheiten in die Apotheke gehen und dort ohne ärztliche Untersuchung Labordiagnostik bekommen, die zudem noch qualitativ schlechter ist, ist in gewisser Weise absurd. Es überfordert die Patientinnen und Patienten und auch die Apothekerinnen und Apotheker.“
Auch bei der eigenmächtigen Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel ohne Rezept sieht der Verband große Probleme: „Hier wird der ärztliche Behandlungsprozess ausgehebelt. Medikamentöse Therapieentscheidungen setzen immer eine gesicherte Diagnose und eine (fach-)ärztliche Kontrolle voraus. Wenn Apotheken eigenständig verschreibungspflichtige Präparate abgeben dürfen, wird die Grenze zwischen Diagnostik, Therapie und Beratung faktisch aufgehoben“, so der stellvertretende Vorsitzende Professor Dr. Jan Kramer, Facharzt für Laboratoriumsmedizin und Innere Medizin.
Die geplante Änderung des Heilmittelwerbegesetzes (§ 12 HWG), die Werbung für In-vitro-Diagnostika zur Eigenanwendung sowie für Testungen in Apotheken auch außerhalb von Fachkreisen zulassen würde, sei ebenfalls abzulehnen. „Die geplante Werbeerlaubnis schafft wirtschaftliche Anreize, die medizinische Entscheidungen überlagern können“, so Kramer. „Diagnostik ist keine Handelsware – sie ist ein zentraler Bestandteil ärztlicher Verantwortung.“
Der Verband appelliert an das BMG und die Bundesregierung, „die geplanten Neuregelungen grundlegend zu überarbeiten“. Es brauche klare Abgrenzungen zwischen pharmazeutischen, pflegerischen und ärztlichen Aufgaben. „Die Strukturen der Labordiagnostik in Deutschland stehen für Qualität, Sicherheit und Verantwortung. Diese Standards dürfen nicht unterlaufen werden. Gute Medizin beginnt mit guter Diagnostik – und die gehört in ärztliche Hand“, betont Müller abschließend.
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