Kompetenzerweiterung gefährde Sicherheit

KBV: „Dafür sind Apotheker nicht ausgebildet“

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Berlin -

Bereits vor der Verbändeanhörung im Bundesgesundheitsministerium (BMG) hatte sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) mehrfach gegen die Kompetenzerweiterung für Apotheker:innen ausgesprochen, die originär ärztliche Aufgaben betreffen. Dafür seien Apotheker und Apothekerinnen nicht ausgebildet. Das gefährdet die Patientensicherheit und führt zu Mehraufwand in den Praxen, erklärt KBV-Vorstandsmitglied Dr. Sibylle Steiner.

„Wir sehen diesen Entwurf sehr kritisch“, erklärt Steiner. Einmal deshalb, weil in diesem Entwurf geregelt werden solle, dass Apotheker originär ärztliche Aufgaben übernehmen, wofür sie nicht ausgebildet seien. „Das gefährdet aus unserer Sicht die Patientensicherheit“, betont sie. Es führe zudem zu Mehraufwand in den Vertragsarztpraxen. „Wir sehen das auch deshalb so kritisch, weil das politische Ziel ist, dass man effizienter im Gesundheitssystem steuert. Genau mit diesem Entwurf wird dieses Ziel vollkommen konterkariert.“

Der niederschwellige Zugang werde immer wieder kolportiert. „Nehmen Sie das Beispiel Impfen. Die ungleich viel höhere Zahl an Impfungen wird durch Arztpraxen auch jetzt schon durchgeführt“, erklärt sie.

Im vergangenen Jahr habe es in Arztpraxen allein 11,6 Millionen Grippeimpfungen gegeben, im Vergleich zu 120.000 in Apotheken. Das Ziel, die Impfquoten zu steigern, erreiche man nicht, indem man Apotheken einbeziehe, sondern beispielsweise dadurch, dass bei den Ärzten so etwas wie Mengenkontrollen weggenommen würden, die zu Regressen führen könnten. „Das sind tatsächliche Impfhindernisse“, so Steiner.

Auf der anderen Seite sei es für die Patientinnen und Patienten notwendig, dass sie sicher geimpft werden, und das sei nur in der Arztpraxis der Fall. Es gehe nicht nur um die Impfung an sich, sondern auch um die Frage, dass man Krankheiten ausschließen müsse, Kontraindikationen ausschließen müsse, und in seltenen Fällen gebe es schwere Impfreaktionen. In diesen Fällen sei es notwendig, dass ärztliche Hilfe vor Ort sei.

Keine Tests in Apotheken

Ähnlich sei es mit pDL: „Wenn die Apotheker plötzlich ohne Anlass auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Risikofaktoren untersuchen sollen, beziehungsweise dann Tests machen sollen, dann ist das aus unserer Sicht auch ein anlassloses Testen, vielleicht sogar mit Parametern, die gar nicht evidenzbasiert sind, auch da gibt es im ärztlichen Bereich die Gesundheitsuntersuchungen, die alle drei Jahre stattfinden und durch den Gemeinsamen Bundesausschuss methodenbewertet sind“, so Steiner.

An all diesen Punkten könne man letztendlich ein Aushöhlen der ärztlichen Kompetenz und eine Übernahme der ärztlichen Aufgaben durch die Apothekerinnen und Apotheker sehen, die dafür nicht qualifiziert seien. Diese Kompetenzerweiterungen sollten im Entwurf gestrichen werden.

Keine Abgabe ohne ärztliches Rezept

Neben dem Impfen und den pDL im Sinne von Screening-Maßnahmen sieht Steiner vor allem auch die Abgabe von Rx-Arzneimitteln, zum Beispiel bei unkomplizierten Erkrankungen, kritisch: Die Verschreibung oder Verordnung eines verschreibungspflichtigen Medikaments bedarf einer Anamnese, einer Diagnosestellung, einer Untersuchung, einer Differenzialdiagnostik natürlich und müsse gleichfalls auch in ärztlicher Hand bleiben, so die Ärztin.

„Wir fordern genau diese Punkte, diese Ansätze zu streichen, wo letztlich die Apotheker über ihre Kompetenz hinaus aktiv werden sollen und Patientinnen und Patienten versorgen sollen“, so Steiner deutlich.

Auch Ansätze wie den erleichterten Austausch, falls Medikamente, rabattierte Arzneimittel in der Apotheke nicht vorrätig sind, seien kritisch. Es sei notwendig, dass die Ärzte natürlich für etwaige Mehrkosten nicht haftbar gemacht werden, ergänzt sie.

Steiner begrüßt aber, dass Nullretaxationen aus formalen Gründen abgeschafft werden sollen. „Aus unserer Sicht ein nachvollziehbarer Punkt, den man erweitern müsste, ist, dass die Apotheker bei Formfehlern bei Verordnungen bei Rezepten nicht mehr auf null retaxiert werden sollen. Genau das fordern wir auch für die Ärzte, dass es keine Regresse allein aufgrund von formalen Fehlern bei der Verordnung gibt, wenn man andernfalls sagen muss, dass die Verordnung medizinisch gerechtfertigt war und auch wirtschaftlich war.“

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