Abda-Präsident war eingeweiht

„Heiter bis wolkig“: Saar ist wütend auf Preis

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Berlin -

Auf Ernüchterung folgte Entsetzen: Die verfasste Apothekerschaft brauchte ein paar Tage, um den Auftritt von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) beim Deutschen Apothekertag (DAT) zu verdauen. Dabei war die Abda-Spitze im Vorfeld in Kenntnis gesetzt worden, welche Maßnahmen ihr Haus vorgesehen hatte. Manfred Saar, Kammerpräsident aus dem Saarland, fühlt sich von der eigenen Dachorganisation verraten.

In mittlerweile zwei Briefen an Abda-Präsident Thomas Preis macht Saar seinem Ärger deutlich Luft. Denn offenbar hatte Preis am Freitag vor dem DAT die Apothekenreform gegenüber dem Abda-Gesamtvorstand mit „heiter bis wolkig“ beschrieben. Das sei für ihn und viele andere Anwesende ein eindeutiger Hinweis darauf gewesen, dass die Honorarerhöhung kommt – vielleicht nicht als Soforthilfe, aber zumindest zeitlich versetzt zum 1. Januar beziehungsweise im Zusammenhang mit dem Apothekenreformpaket, so Saar.

„Tatsächlich hat Frau Bundesgesundheitsministerin Warken sodann auf dem DAT erklärt, dass die im Koalitionsvertrag versprochene Anhebung des Apothekenhonorars auf 9,50 Euro im Ergebnis auf unabsehbare Zeit verschoben wird. Dies stellt einen eindeutigen Bruch des Koalitionsvertrages dar und erschüttert unser Vertrauen in die Integrität des Koalitionsvertrages.“

Die Verschiebung auf den „Sankt-Nimmerleins-Tag“ sei nicht mit „wolkig“ zu qualifizieren, sondern eine „absolute Katastrophe“, so Saar. Viele Kollegen stünden mit dem Rücken an der Wand. „In Hinblick auf diese dramatische Situation und die Tatsache, dass zumindest Sie als Präsident der Abda im Vorfeld vollumfänglich über die Pläne der Gesundheitsministerin und damit auch über die Nichtanhebung der Apothekenvergütung informiert waren, hätten wir uns gewünscht und erwartet, dass der Vorstand der Abda direkt im Nachgang zur Rede von Frau Bundesgesundheitsministerin Warken dem Deutschen Apothekertag eine Resolution zur Abstimmung vorlegt, die die Verschiebung der dringend erforderlichen Anpassung der Apothekenvergütung auf das Schärfste verurteilt.“

Manfred Saar beim DAT am Mikro
Manfred Saar ist wütend, dass man beim DAT ins offene Messer gelaufen ist.Foto: APOTHEKE ADHOC

Er verstehe, dass bei dem Treffen Stillschweigen vereinbart worden sei und Preis keine Details berichten konnte. „Aber dieses Stillhalteabkommen endete naturgemäß mit dem Ende der Rede der Ministerin“, so Saar. „Hier hätte es umgehend nach der Rede eines sehr klaren und deutlichen Zeichens des Abda-Vorstandes in Form der Vorlage einer Resolution bedurft. Das erfolgte leider nicht. Der Abda-Vorstand war, so stellt es sich uns dar, unvorbereitet, sonst hätte es nicht eines Antrages aus Westfalen-Lippe bedurft.“

Kein Hinweis auf Super-GAU

Mit der Einschätzung „heiter bis wolkig" habe Preis den Abda-Gesamtvorstand bewusst über den Inhalt des Gespräches mit Warken im Unklaren gelassen, kritisiert Saar. „Alle Beteiligten konnten und mussten davon ausgehen, dass es am DAT bezüglich der Frage der Erhöhung des Apothekenhonorars nicht zum Super-GAU kommt.“

Was den saarländischen Kammerpräsident zusätzlich ärgert, sind Aussagen von Preis vor dem Gesamtvorstand am 24. September. Demnach hatte Preis bei diesem Termin erklärt, dass er sich nach Ankündigung der Ministerin, dass die Honorarerhöhung in Abhängigkeit der Ergebnisse der Finanzkommission Gesundheit gestellt wird, eine deutliche Reaktion des DAT gewünscht hätte. Bei einer Sitzung der Pressesprecher von Kammern und Verbänden soll Preis am 1. Oktober wörtlich erklärt haben: „Ich persönlich hätte gedacht, jetzt kommen Pfiffe aus dem Publikum und die trommeln und schreien und sagen so gehts nicht, aber alle waren so höflich …“

Das schlägt laut Saar dem Fass den Boden aus: „Der DAT war nach den Ankündigungen der Bundesgesundheitsministerin wie gelähmt. In dieser völlig unvorbereiteten Konstellation vom DAT Pfiffe und sonstige Unmutsbekundungen zu verlangen, ist eine eindeutige Verlagerung der Verantwortlichkeiten“, schreibt der Kammerpräsident. „Allein Sie und weitere Mitglieder des Abda-Gesamtvorstandes waren über den eintretenden Super-GAU informiert. Wir hätten in DER zentralen Frage für die Apothekerschaft Führungsstärke erwartet! Von dem Präsidenten der Abda! Dafür sind sie angetreten und wurden gewählt.“

Protestplakat beim Apothekertag
Schon mehrfach hatte das Saarland beim DAT für Protest gesorgt.Foto: Apothekerkammer Saarland

Saar erinnert daran, dass die saarländischen Apothekerorganisationen bereits mehrfach beim DAT mit Plakaten und Transparenten „aufgefallen“ sind. „Hätten Sie auch nur ansatzweise im Vorfeld erklärt, dass Frau Bundesgesundheitsministerin Warken das übermittelt, was sie tatsächlich übermittelt hat, wären Pfiffe vorprogrammiert gewesen. So sind wir ins offene Messer gelaufen.“

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