Nach dem Auftritt von Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) wenden sich Apothekerinnen und Apotheker an ihnen bekannte Politiker und rufen nach Unterstützung. Stephanie Isensee hat die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Katja Mast (SPD), angeschrieben. Außerdem informierte sie den Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, Gunther Krichbaum (CDU), über die Lage vor Ort.
„Bis vor Kurzem war das Ministerium SPD-geführt, jetzt ist es CDU-geführt, und Sie beide sind unsere gewählten Vertreter mit einer wichtigen Stimme in Berlin“, erklärt Isensee. „Deshalb wenden wir uns heute an Sie beide, damit Sie eine Rückmeldung aus der Basis erhalten, was die Vorstellung für die Eckpunkte einer Apothekenreform angeht. Und, ich sage es ganz offen, wir – die Apotheken – brauchen dringend Ihre Hilfe!“
Mit den beiden Abgeordneten habe es bereits in der Vergangenheit Gespräche, Besuche und Diskussionen mit der Apothekerschaft gegeben. „Auch Vertreter des Landesapothekerverbands und ich haben, zusammen mit meinem Mann, schon eine komplette Akte zu diesem komplexen Thema angelegt.“
Die Probleme der Branche seien den beiden Abgeordneten durch Gespräche und Diskussionen in der Vergangenheit bekannt. „Die Apothekerschaft ist schockiert. Schockiert, weil es schon wieder, wie seit bald 20 Jahren heißt: Für die Apotheken ist kein Geld da“, betont die Apothekerin deutlich. Gleichzeitig würden andere Zweige im Gesundheitswesen, wie die Ärzte, eine Honorarerhöhung bekommen, und viele Milliarden Euro gebe die Regierung in den Krankenhaussektor.
„Alle geplanten Änderungen im Apothekenbereich sind sicherlich schön und gut und werden auch verschiedene Abläufe verbessern, ein wenig Kosmetik im Ergebnis betreiben, aber ganz klar ist: Ohne die sofortige Honorarerhöhung, die Sie im Koalitionsvertrag fixiert haben, sind die meisten Apotheken schlichtweg unwirtschaftlich“, mahnt Isensee.
Eine Apotheke, die schließe, führe eben keine pharmazeutischen Dienstleistungen (pDL) mehr durch, gebe keine verschreibungspflichtigen Medikamente mehr ab und impfe auch nicht. Sie leiste auch keinen Notdienst mehr, prüfe keine Wechselwirkungen mehr – sie versorge überhaupt niemanden mehr mit Arzneimitteln.
Dass es an allen Ecken und Enden nicht reiche, zeige ein Blick auf die Betriebsstätten: Die Zahl der Apotheken sei weiter im freien Sinkflug. Mittlerweile gebe es bundesweit nicht einmal mehr 17.000 Apotheken. Vor wenigen Jahren seien es noch über 21.000 Betriebe gewesen.
Isensee warnt zudem eindringlich vor den Folgen der vorgeschlagenen PTA-Vertretung: „Auch Sie, liebe Frau Mast, und Du, lieber Gunther, seid beide darauf angewiesen, dass im Ernstfall Arzneimittel in kompetenten Händen und in perfekt ausgestatteten Apotheken liegen. Deshalb ein ganz klares Nein zur Aufweichung der Anwesenheitspflicht eines Apothekers, ein ganz klares Nein zur Aufweichung der Qualitätskriterien. Es darf keine Zweigapotheken in Drogeriemärkten geben, wo eine angelernte Aushilfskraft – wenn es hart auf hart geht – über Leben und Tod entscheidet“, erklärt Isensee. Kritisch werde es etwa, wenn schnelle Entscheidungen in lebenswichtigen Arzneimittelfragen erforderlich seien, kein Apotheker anwesend sei und die Verantwortung eine nicht dafür ausgebildeten PTA übersteigen würde.
Alle anderen vorgebrachten Punkte, wie die Maßnahmen zur Kompetenzerweiterung, würden in der Branche auf offene Ohren stoßen, so Isensee. „Wir sind bereit zu allen Schandtaten, werden jeden erdenklichen Einsatz zum Wohle unserer Patienten und Kunden bringen. Darauf können Sie sich verlassen, wie auch in der Vergangenheit.“
Ihr Schreiben beendet die Apothekerin mit einem klaren Appell: „Sorgen Sie bitte dafür, dass unsere wirtschaftliche Basis erhalten bleibt, wir erledigen den Rest!“
Am Dienstag hatte Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) die Eckpunkte für ihre geplante Apothekenreform vorgestellt. Vorgesehen sind unter anderem mehr Eigenverantwortung für Apothekerinnen und Apotheker, eine Erhöhung der Nacht- und Notdienstvergütung sowie die Wiedereinführung des handelsüblichen Rx-Skontos. Nicht geplant ist jedoch die im Koalitionsvertrag versprochene Honorarerhöhung. Zudem präsentierte die Ministerin einen Vorschlag, der stark an das Reformgesetz ihres Vorgängers erinnert: Sie plant, begrenzte Vertretungsbefugnisse für PTA einzuführen.