Lauterbachs Sparkpaket

Kassenabschlag steigt auf 2 Euro

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Berlin -

Der Kassenabschlag der Apotheken soll für zwei Jahre von 1,77 auf 2 Euro angehoben werden. Damit sollen die Apotheken 170 Millionen Euro zum Sparpaket von Bundesgesundheitsministern Karl Lauterbach (SPD) beitragen. So sieht es der Referentenentwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetz (GKV-FinStG) vor, der APOTHEKE ADHOC vorliegt.

Der Apothekenabschlag für verschreibungspflichtige Arzneimittel und Zubereitungen wird laut dem Entwurf in den Jahren 2023 und 2024 auf 2 Euro angehoben. Die Erhöhung ist auf diesen Zeitraum begrenzt. „Die befristete Erhöhung des Apothekenabschlags führt in den Jahren 2023 und 2024 zu Einsparungen in Höhe von rund 170 Millionen Euro“, heißt es in dem Papier. Lauterbach hatte in der vergangenen Woche bereits angekündigt, auch bei den Apotheken sparen zu wollen, ohne dies näher zu konkretisieren. Auch im inofiziellen Entwurf aus dem März war diese Maßnahme enthalten.

Pharmafirmen müssen sparen

Zur „Stabilisierung der Arzneimittelausgaben“ werden außerdem das Preismoratorium über den 31. Dezember 2022 hinaus um weitere vier Jahre verlängert (eingesparte Mehrausgaben in einer Größenordnung von jährlich rund 120 Millionen Euro) und für die Jahre 2023 und 2024 eine „Solidaritätsabgabe“ der Pharmaindustrie gefordert. Diese soll in den Jahren 2023 und 2024 zu jährlichen Mehreinnahmen des Gesundheitsfonds von 1 Milliarde Euro führen – auch dann, wenn einzelne Hersteller aufgrund einer nachgewiesenen Existenzbedrohung eine Befreiung beantragen. Der GKV-Spitzenverband legt die Verteilung nach Umsatzgröße per Bescheid fest.

Im ursprünglichen inoffiziellen Entwurf sollten über eine Anhebung des Herstellerabschlags zwischen 1,8 Milliarden Euro (2023) und 450 Millionen Euro (2026) gehoben werden.

Darüber hinaus gilt der Erstattungsbetrag nach § 130b SGB V rückwirkend ab dem siebten Monat nach Markteinführung; hier erhofft sich das BMG Einsparungen in Höhe von 150 Millionen Euro im Jahr. Außerdem sollen im Zusammenhang mit dem Erstattungsbetrag auch mengenbezogene Aspekte, wie eine mengenbezogene Staffelung oder ein jährliches Gesamtvolumen, vereinbart werden. Arzneimittelverwürfe auf Grund unwirtschaftlicher Packungsgrößen sind preismildernd zu berücksichtigen (Sparziel: rund 50 Millionen Euro pro Jahr).

Um die Kassen in den Verhandlungen zu stärken, werden zudem Vorgaben für Erstattungsbeträge für Arzneimittel getroffen, die nach dem Beschluss des Gemeinsamen Bundesauschuss keinen, einen geringen oder nicht quantifizierbaren Zusatznutzen haben.“ Ist die zweckmäßige Vergleichstherapie patentgeschützt, sollen neue Arzneimittel, die keinen Zusatznutzen aufweisen, einen niedrigeren Erstattungsbetrag haben. Neue Arzneimittel mit nur geringem patientenrelevanten Zusatznutzen oder einem nicht quantifizierbaren Zusatznutzen sollen gegenüber einer patentgeschützten Vergleichstherapie einen vergleichbaren Preis realisieren können. „Für neue Arzneimittel mit einem beträchtlichen oder erheblichen Zusatznutzen gelten die Leitplanken hingegen als Anreiz für die Industrie weiterhin nicht.“ Zudem wird ein rechnerischer Abschlag auf patentgeschützte zweckmäßige Vergleichstherapien eingeführt, die noch nicht Gegenstand einer Nutzenbewertung waren. Sparziel: 250 bis 435 Millionen Euro im Jahr.

Die Umsatzschwelle für Arzneimittel zur Behandlung eines seltenen Leidens (Orphan drugs) wird auf 20 Millionen Euro reduziert, was 100 bis 200 Millionen Euro mittelfristig bringen soll. Zudem wird für Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen ein Kombinationsabschlag in Höhe von 20 Prozent auf den Erstattungsbetrag eingeführt, mit mittelfristigen Einsparungen von rund 185 bis 250 Millionen Euro.

Weniger Geld für Ärzte

Auch die von den Ärzten massiv kritisierte Maßnahme ist im Entwurf enthalten: Die mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TVSG) eingeführte Regelung, nach der die ärztlichen Leistungen für die Behandlung von Patientinnen und Patienten, die erstmals oder erstmals seit mehr als zwei Jahren wieder in der jeweiligen Arztpraxis behandelt werden, extrabudgetär vergütet werden, wird aufgehoben. Hier rechnet das BMG jährlich mit Minderausgaben in Höhe eines mittleren dreistelligen Millionenbetrags.

Für den Krankenhausbereich wird vorgegeben, dass ab dem Jahr 2024 nur noch die Pflegepersonalkosten qualifizierter Pflegekräfte, die in der unmittelbaren Patientenversorgung auf bettenführenden Stationen eingesetzt sind, im Pflegebudget berücksichtigt werden können. Den Einsparungen stehen dann Mehrausgaben bei den pauschalierenden Entgelten gegenüber; die Ausgabenwirkung dieser Änderungen lässt sich laut BMG nicht quantifizieren.

Die Punktwerte und Gesamtvergütungen für die vertragszahnärztliche Behandlung ohne Zahnersatz dürfen im Jahr 2023 höchstens um die um 0,75 Prozentpunkte und im Jahr 2024 höchstens um die um 1,5 Prozentpunkte verminderte Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einkommen im jeweiligen Jahr steigen. Erwartet werden Minderausgaben für die GKV im Jahr 2023 in Höhe von rund 120 Millionen Euro und im Jahr 2024 in Höhe von rund 340 Millionen Euro.

Zuschuss vom Bund

Der Bund leistet im Jahr 2023 einen weiteren Zuschuss an den Gesundheitsfonds in Höhe von zwei Milliarden Euro und gewährt ein Darlehen in Höhe von einer Milliarde Euro an den Gesundheitsfonds. Vorhandene Finanzreserven der Krankenkassen werden mit einem kassenübergreifenden Solidarausgleich zur Stabilisierung der Beitragssätze herangezogen, das bringt laut BMG 4 Milliarden Euro. Hierzu werden im Jahr 2023 die Finanzreserven der Krankenkassen, die abzüglich eines Freibetrags von 2 Millionen Euro 0,2 Monatsausgaben überschreiten, in zwei Stufen anteilig herangezogen und diese Mittel den Einnahmen des Gesundheitsfonds zugeführt. Durch die Absenkung der Obergrenze für das Finanzvermögen der Krankenkassen von 0,8
auf 0,5 Monatsausgaben könnten rund 1,2 Milliarden Euro gehoben werden. „Der konkrete Abschmelzbetrag in den Jahren 2023 und 2024 hängt jedoch von einer Vielzahl von Einflussfaktoren ab und ist nicht konkret bezifferbar.“

Kassen: Deckel für Verwaltungskosten

Schließlich wird der Anstieg der sächlichen Verwaltungsausgaben der Krankenkassen für 2023 auf 3,0 Prozent gegenüber dem Vorjahr begrenzt und die Zuweisungen an die Krankenkassen für Verwaltungsausgaben um 25 Millionen Euro gemindert. Die Mittel werden der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds zugeführt.

Höhere Zusatzbeiträge

Laut BMG stehen den weiteren Ausgabenzuwächsen perspektivisch weniger Einnahmen gegenüber. Vor allem aber würde der nach aktueller Gesetzeslage im Jahr 2023 wegfallende ergänzende Bundeszuschuss in Höhe von 14 Milliarden Euro (einschließlich des regulären Bundeszuschusses betragen die Bundesmittel insgesamt 28,8 Milliarden Euro) zu einem Anstieg des durchschnittlichen Zusatzbeitragssatzes von derzeit 1,3 Prozent um rund einen vollen Prozentpunkt führen. Aufgrund der Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben würde er jedes Jahr um weitere 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte zunehmen. Rund 16 Milliarden Euro entsprechen in der GKV einem Beitragssatzpunkt. „Diese Lasten müssen auf verschiedene Schultern verteilt werden und können nicht allein den Beitragszahlerinnen und Beitragszahlern auferlegt werden.“

Reserve an Grippeimpfstoff

Außerdem wird wieder eine zusätzliche Reserve bei Grippeimpfstoffen in Höhe von 30 Prozent eingeplant. „Die Abschätzung des tatsächlichen Bedarfs an Grippeimpfstoff für die Grippesaison 2022/2023 ist aufgrund der Covid-19-Pandemie erheblich erschwert“, heißt es zur Begründung. Die Mehrausgaben beziffert der Entwurf auf bis zu 50 Millionen Euro einschließlich Mehrwertsteuer sowie die Mehrausgaben für die ärztliche Vergütung auf bis zu 25 Millionen Euro.

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