Kammer hat Bedenken

Gesundheitsmarkt: Behörde hat „nichts zu beanstanden“

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Berlin -

Dieselben Räume, dieselben Mitarbeiterinnen, nur ein neues Konzept. In der ehemaligen Pilgrim-Apotheke im thüringischen Treffurt ist jetzt ein Gesundheitsmarkt untergebracht. Das Landesamt für Verbraucherschutz Thüringen (TLV) als Aufsichtsbehörde war nach eigenen Angaben in die Entwicklung des Konzepts eingebunden und hat auch eine erste Inspektion durchgeführt. Die Landesapothekerkammer Thüringen (LAKT) äußert dagegen herbe Kritik.

Man habe erst aus dem Amtsblatt von der Eröffnung des Gesundheitsmarktes erfahren, kritisiert Danny Neidel, Geschäftsführer der Kammer. „Die vorliegenden Informationen eröffnen mehr Fragen als Antworten zu diesem Konzept. Wenn die Informationen aus den Medien zugrunde gelegt werden, kommen wir zu dem Schluss, dass die so dargestellte Vertriebsform nicht ohne Verstöße gegen das Arzneimittel- und Apothekenrecht umsetzbar zu sein scheint.“

Laut TLV ist die Berichterstattung allerdings „in Teilen fehlerhaft und, zumindest teilweise, der Unkenntnis der arzneimittelrechtlichen Regelungen geschuldet“. Christoph Zähle von der Brunnenkress-Apotheke im 25 Kilometer entfernten Mühlhausen habe nach einer Lösung gesucht, wie die Versorgung mit Arzneimitteln nach der Schließung der Apotheke sichergestellt werden kann. „Dabei hat er sich eng mit unserer Behörde abgestimmt und alles rechtlich abgesichert.“ Aus Sicht der Behörde sei daher „nichts zu beanstanden“.

Inspektion im Gesundheitsmarkt

Laut Neidel erschließt sich nicht, „auf welcher rechtlichen Grundlage dieses Konzept, ohne eklatante und schwerwiegende Verstöße gegen apothekenrechtliche Vorschriften, betrieben werden kann“. Dazu erklärt das TLV, dass es sich hier um einen „Einzelhandel mit freiverkäuflichen Arzneimitteln außerhalb von Apotheken“ handelt. Dieser ist nach § 67 Arzneimittelgesetz (AMG) lediglich anzeigepflichtig, aber nicht erlaubnispflichtig. „Die Betriebsstätte muss mit sachkundigem Personal nach § 50 AMG besetzt sein. Beide Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.“

Für die Kammer ist diese Aussage nicht eindeutig genug, sie könne „nach wie vor keine Rechtsgrundlage für dieses Konzept finden“. Zwar gelte im Ordnungsrecht der Grundsatz, dass erlaubt sei, was nicht ausdrücklich – also durch Gesetze – verboten sei. Aber hier gehe es offensichtlich um mehr als den Verkauf von nicht apothekenpflichtigen Produkten. „Aus unserer Sicht muss daher durch die zuständige Behörde laufend überprüft werden, ob dort tatsächlich keine verschreibungspflichtigen oder apothekenpflichtigen Arzneimittel abgegeben werden.“

Diese von der LAKT geforderte Überwachung ist in der vergangenen Woche erstmalig erfolgt. „Unsere Apothekenüberwachung hat eine unangekündigte Inspektion im Gesundheitsmarkt durchgeführt. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden“, bestätigt das TLV.

Pick-up statt Apotheke

Die Behörde stellt klar, dass es sich beim Gesundheitsmarkt nicht um einen Apothekenersatz handele, sondern um „ein Einzelhandelsgeschäft, in dem ausschließlich Arzneimittel und Waren verkauft werden dürfen, die für den Verkehr außerhalb von Apotheken freigegeben sind“. Darüber hinaus hätten Kunden „über eine im Gesundheitsmarkt eingerichtete Pick-up Stelle im Rahmen des genehmigten Versandhandels einer Apotheke“ die Möglichkeit, Rezepte und E-Rezept-Token an die zugewiesenen Apotheke weiterzuleiten. „Eine erforderliche Beratung erfolgt ausschließlich über die Apotheke“, betont das TLV.

Das lässt Neidel nicht gelten: „Wir meinen, dass der Gesetzgeber mit den Regelungen des Versandhandels nicht vorhatte, dass damit Konzepte etabliert werden, die nicht als Versandhandel bezeichnet werden wollen oder die Anforderungen an eine öffentliche Apotheke umgangen werden sollten.“ Allerdings müsse man auch akzeptieren, dass selbst Rezeptsammlungen in Supermärkten für zulässig erachtet wurden.

Irreführung der Kunden

Für die Kammer ist das Thema damit keineswegs vom Tisch. „Wir halten es insofern für problematisch, das ehemalige Apothekenräume für ein Einzelhandelsgeschäft genutzt werden können und so bei den Patientinnen der Eindruck erweckt wird, dass es sich um eine Apotheke handelt, die offenkundig ohne approbierte Mitarbeiterinnen betrieben wird.“ Desweiteren würden Kundinnen und Kunden in die Irre geführt. Ihnen werde „auf diese Weise suggeriert, dass ein Gesundheitsmarkt eine öffentliche Apotheke ersetzen könne und es sich um eine wohnortnahe und umfassende Arzneimittelversorgung handelt“.

Der Gesundheitsmarkt dürfe, so Neidel, nicht als Apotheke dargestellt werden. Dieser Eindruck würde zusätzlich durch ein Apotheken-A in den Räumlichkeiten des Geschäfts verstärkt, das in einem Medienbericht zu sehen gewesen sei. „In diesem Zusammenhang prüfen wir, ob unsererseits weitere rechtliche Schritte auf der Grundlage der Berufsordnung eingeleitet werden müssen.“

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