Einfach die Gesundheitskarte einstecken, einen Fragebogen ausfüllen – und per Videosprechstunde mit einer Ärztin oder einem Arzt sprechen. Assistierte Telemedizin soll die medizinische Versorgung erleichtern und unnötige Notaufnahmebesuche reduzieren. Apotheken spielen dabei eine zentrale Rolle. Doch noch laufen die Verhandlungen über die Vergütung.
Die gesetzliche Grundlage für assistierte Telemedizin wurde bereits mit dem Digital-Gesetz (DigiG) geschaffen, das am 27. März 2024 in Kraft trat. Es ermöglicht Apotheken, telemedizinische Beratungen zu unterstützen und für bestimmte digitale pharmazeutische Dienstleistungen (pDL) vergütet zu werden.
Der Deutsche Apothekerverband (DAV) und der GKV-Spitzenverband verhandeln derzeit über die Honorierung dieser Leistungen. Eigentlich sollten die Gespräche heute abgeschlossen werden, doch nun haben beide Seiten beschlossen, die Verhandlungen im zweiten Quartal 2025 fortzusetzen, um eine nachhaltige Lösung zu finden. „Wir sind auf einem guten Weg und werden weiter mit dem GKV-Spitzenverband verhandeln“, so Dr. Jan-Niklas Francke, Vorstandsmitglied DAV.
Inhaberin Anike Oleski will dennoch bereits starten und hat ein Pilotprojekt mit dem Anbieter Arztkonsultation initiiert, zunächst erst einmal in der MediosApotheke Oranienburger Tor in Berlin. Das 2014 gegründete Unternehmen ist ein KBV-zertifizierter Anbieter für Videosprechstunden und telemedizinische Anwendungen. Für den Anbieter habe man sich vor allem aus Komfortgründen entschieden – es sei die beste und komfortabelste Lösung mit einer einfachen Implementierung, erklärt Apothekenmanagerin Anja Paape.
Das Unternehmen existiert seit 2024 und hat nach eigenen Angaben bereits mehr als 1,9 Millionen Videosprechstunden durchgeführt sowie über 8000 registrierte Nutzer:innen. Wie genau die Kosten für den Dienst für Apotheken ausfallen werden, ist noch nicht bekannt. Möglich wäre ein Abrechnungsmodell pro Patient:in.
Das Konzept von Arztkonsultation soll den Zugang zur medizinischen Versorgung erleichtern – auch außerhalb regulärer Praxisöffnungszeiten – und gleichzeitig unnötige Patientenkontakte reduzieren. „Wir wollten das Konzept so einfach wie möglich gestalten – mit möglichst wenigen Klicks und ohne dass der Patient sich extra noch eine App runterladen oder irgendwo registrieren muss“, erklärt Jan Zeggel, Geschäftsführer von Arztkonsultation.
Der Prozess ist simpel: Patient:innen stecken ihre elektronische Gesundheitskarte (eGK) in ein Terminal und füllen über einen QR-Code, der mit dem eigenen Smartphone gescannt wird, ein digitales Formular aus. Sobald der QR-Code gescannt wurde, kann bereits die nächste Person ihre Karte einlesen.
Anhand der eingegebenen Daten erfolgt eine erste Einschätzung, ob die Patientin oder der Patient einen Termin mit einer Ärztin oder einem Arzt benötigt. Falls dies der Fall ist, wird der nächste verfügbare Termin mit einer Ärztin oder einem Arzt aus dem Netzwerk gecheckt und ein Terminslot gebucht. Sollte ein Notfall vorliegen, können Patient:innen zielgerichteter an Notaufnahmen verwiesen werden. Die Ärzte arbeiten mit Arztkonsultation zusammen, sodass Apotheken keine eigenen Kooperationen mit einzelnen Praxen benötigen. Dabei werden bevorzugt Praxen in der Umgebung einbezogen, erklärt Zeggel.
Für die Videosprechstunde erhalten die Patient:innen eine Uhrzeit. In der Apotheke begeben sie sich in den Beratungsraum, geben ihren Namen zur Identitätsprüfung ein und warten im virtuellen Wartezimmer, bis der Arzt oder die Ärztin die Konsultation startet. Dabei weiß der Arzt im Vorfeld nicht, um welchen Fall es sich handelt, um eine gezielte Auswahl bestimmter Fälle zu vermeiden.
Während der Konsultation haben die Ärzt:innen Zugriff auf die elektronische Patientenakte (ePA) – so, als wäre die eGK direkt in einer Praxis eingelesen worden. Auch der ausgefüllte Fragebogen zur Ersteinschätzung liegt ihnen vor. Bei Bedarf kann zusätzlich ein Apotheker oder eine Apothekerin hinzugezogen werden, um die Konsultation zu unterstützen.
Ein Beispiel für assistierte Telemedizin ist der Einsatz von Schnelltests, etwa bei Corona. Eine frühzeitige Diagnose und Therapie können hohe Kosten sparen – mögliche Folgeerkrankungen nicht eingerechnet.
Sollte eine Behandlung notwendig sein, können direkt E-Rezepte ausgestellt werden. Patient:innen können diese unmittelbar nach der Konsultation per eGK in der Apotheke einlösen.
Durch die direkte Nähe können sich Ärzt:innen und Apotheker:innen problemlos absprechen, etwa zur Verfügbarkeit von Medikamenten oder möglichen Alternativen. So lassen sich unnötige Rückfragen und Verzögerungen vermeiden, beispielsweise bei Lieferengpässen.
Aktuell findet die Konsultation im Beratungszimmer der Apotheke statt. Das könnte sich zukünftig aber ändern: Das Unternehmen Medivise arbeitet an einer sogenannten Gesundheitsbox, dem „kleinsten Behandlungszimmer der Welt“. Diese soll mithilfe von KI und Sensoren zusätzliche Messwerte erheben und die Diagnostik weiter erleichtern.
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