Inkontinenzversorgung gekündigt

AOK: „Neuer Vertrag würde uns 3000 Euro kosten“

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Berlin -

Nach der IKK classic sorgt die nächste Kasse im Bereich der Hilfsmittelversorgung für Ärger. Die AOK Nordost verschickt aktuell Kündigungsschreiben für die Inkontinenzversorgung zum 30. September an die Apotheken. „Der neue Vertrag ab Oktober ist für kleine Apotheken nicht machbar“, klagt Gunther Witt, Inhaber der Adler-Apotheke in Lieberose. Allein die Mitarbeiterschulung würde ihn etwa 3000 Euro kosten.

„Wir haben letzte Woche plötzlich die Kündigung von der AOK Nordost für die Inkontinenzversorgung bekommen“, so Witt. Um dem neuen Vertrag gerecht zu werden, seien die Auflagen viel zu unwirtschaftlich. „Das ist für kleine Apotheken wie unsere nicht machbar“, stellt er klar.

So müssten demnächst mindestens fünf Medizinprodukteberater:innen pro Leistungserbringer nachgewiesen werden, so Witt. „Allein dieser Umstand kostet uns auf einen Schlag 3000 Euro. Außerdem müssten jährliche Fortbildungen erfolgen. Damit kommen weitere Kosten auf uns zu.“ Er habe ohnehin nur drei weitere Angestellte.

Doch damit nicht genug: „Es besteht mit dem neuen Vertrag eine Versandpflicht, wenn man die Produkte nicht ausliefern kann“, beklagt er. „Das hieße aber auch, ich könnte in jede Kiste gleich noch einen 10-Euro-Schein reinlegen, denn die Kosten dafür erstattet uns niemand“, so Witt.

Patienten werden allein gelassen

Außerdem müsse man immer zwei aufzahlungsfreie Varianten an Inkontinenzprodukten vorweisen. „Und das für gerade mal 19,16 Euro im Monat“, ärgert er sich. „Dabei ist die Versorgung mit der derzeitigen Pauschale von 28,50 Euro schon kaum machbar.“

Deswegen gebe er aktuell jedem Patienten ein Informationsschreiben mit: „In dem heißt es, dass wir die Versorgung zum 1. Oktober einstellen müssen und warum“, erklärt er.

Wie in dem Zuge mit den Patient:innen umgegangen werde, mache ihn fassungslos. „Uns wurde das Schreiben der AOK an die Versicherten gezeigt. In diesem werden acht oder neun Firmen aufgelistet, die der Patient wählen kann“, so Witt. „Es steht aber nichts weiter dabei als eine Telefonnummer.“ Damit beginne das große Rätselraten: „Woher sollen die Menschen wissen, was sich dahinter verbirgt“, fragt er. „Man kann sich nur anhand der Vorwahl erschließen, wo Firma XY ihren Sitz hat. Was einen dann erwartet, weiß niemand.“

Apotheken haben kaum eine Chance

Die ganze Sache sei auf Großeinkauf und maximale Rabatte ausgelegt, die Apotheken vor Ort nicht erreichen könnten. „Ganz abgesehen von den Lagerkapazitäten für die Vorratshaltung“, gibt Witt zu bedenken. „Wir sind eine kleine Apotheke und haben jahrelang unsere Patienten mit Inkontinenzmaterialien versorgt.“ Aber leider sei dies nicht mehr machbar bei solchen Voraussetzungen.

Dass die Patienten enttäuscht und verzweifelt seien, sei selbstredend. „Es ist mir zudem ein Rätsel, wie persönliche Beratungsgespräche gewährleistet werden sollen ab Oktober“, so der Inhaber. „Zu uns haben die Menschen ein Vertrauensverhältnis aufgebaut und melden uns oft ihre Zufriedenheit zurück.“

Ein weiterer Dorn im Auge sei ihm die Vertragsbindung. „Wir verpflichten uns zwei Jahre lang. Man hat nicht bedacht, dass sich Preise der Anbieter auch erhöhen können, die Pauschale aber sicherlich so bleibt, wie sie vertraglich festgelegt wurde“, so Witt. „Im Gegenzug kann die AOK Nordost bei Nichteinhaltung des Vertrages sofort kündigen.“

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