Pachtverhältnisse

„Apotheken werfen keinen Pachtzins ab“

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Berlin -

Die eigene Apotheke ist immer auch ein Stück Absicherung – für die Rente oder für die Hinterbliebenen. Stirbt ein Apothekeninhaber oder kann er die Apotheke nicht selbst betreiben, kann das Geschäft vorübergehend verpachtet werden. Diese besondere Form des Apothekenbetriebs wird allerdings seltener: Denn es werde immer schwieriger, sowohl Pächter als auch Verpächter von einer Apotheke zu ernähren, erklären Steuerberater.

Grundsätzlich sieht das Apothekengesetz (ApoG) drei Formen der Verpachtung vor: Stirbt ein Apothekenbesitzer und erbt sein Lebenspartner als Nicht-Apotheker das Geschäft, darf dieser es solange verpachten, bis er neu heiratet. Erben die Kinder die Apotheke, dürfen sie sie für eine begrenzte Zeit verpachten – bis das jüngste Kind das 23. Lebensjahr vollendet. Beginnt eines der Kinder das Pharmaziestudium, kann die Frist bis zu dessen Beendigung verlängert werden.

So hat beispielsweise ein Apotheker aus Bayern die Apotheke von seiner Mutter gepachtet. Sein Vater sei zuvor Inhaber der Apotheke gewesen, aber schon früh verstorben, erzählt er. Seine Mutter habe großen Wert auf ihre Selbstständigkeit gelegt und daher die Apotheke an ihn verpachtet.

Apotheker selbst dürfen ihre Apotheke laut ApoG nur verpachten, wenn sie sie aus einem „wichtigen Grund“ nicht selbst betreiben können oder wenn wegen gesundheitlicher Probleme die Betriebserlaubnis oder die Approbation widerrufen wurden.

Dass diese Vorgaben nicht nur theoretischer Natur sind, zeigt das Beispiel einer weiteren Apothekerin aus Bayern: Sie wollte ihre Apotheke aus gesundheitlichen Gründen verpachten, hatte aber das Rentenalter noch nicht erreicht. Deshalb musste sie gegenüber der Apothekerkammer und dem Gesundheitsamt nachweisen, dass sie tatsächlich Probleme hatte. Auch wenn sie am Ende erfolgreich war, kritisiert die Apothekerin das Verfahren: Als Unternehmerin sollte es ihr selbst überlassen sein, was sie mit ihrer Apotheke tue, findet sie.

Pachtapotheken sind vor allem in den alten Bundesländern verbreitet. Nach Angaben der Steuerberatungsgesellschaft Treuhand Hannover gab es Ende 2014 in den westdeutschen Bundesländern und Berlin insgesamt 896 Pachtapotheken. In Nordrhein gab es Ende 2014 insgesamt 170 Pachtapotheken, 2011 waren es noch 200 Betriebe. In Westfalen-Lippe ist die Zahl der Pachtapotheken seit 2006 von 189 auf 100 Betriebsstätten gesunken. In Bayern gab es 2007 noch 222 Pächter, inzwischen pachten 136 Apotheker. In Baden-Württemberg gibt es 124 Pächter.

In den neuen Bundesländern gab es Ende 2014 laut Treuhand nur 21 verpachtete Apotheken. Insgesamt ist die Zahl rückläufig: Ende 2000 gab es in ganz Deutschland noch knapp 2100 Pachtapotheken, 33 davon in Ostdeutschland. Die Zahl der Neuabschlüsse ist laut Treuhand „eher rückläufig“ und bewegte sich in den vergangenen Jahren im einstelligen Bereich.

„Die Zahl der Pachtverträge ist drastisch zurückgegangen“, bestätigt Steuerberater Dr. Bernhard Bellinger. Das liegt seiner Meinung nach vor allem an den niedrigeren Gewinnen: „Es gab eine Art historischen Schlüssel für den Pachtzins: Das Betriebsergebnis wurde früher so aufgeteilt: Zwei Drittel erhielt der Pächter, ein Drittel der Verpächter.“ 2003 habe das Betriebsergebnis noch bei 12 Prozent gelegen – also seien 8 Prozent auf den Pächter und 4 Prozent auf den Verpächter entfallen.

„Doch seit 2003 ist das Betriebsergebnis massiv eingebrochen und liegt inzwischen bei rund 6 Prozent oder darunter. Erhält der Pächter seine 4 Prozent, bleiben für den Verpächter 2 Prozent“, rechnet Bellinger vor. Bei einem Durchschnittsumsatz von zwei Millionen Euro entspreche das rund 3300 Euro monatlich vor Steuern – „das ist einem Verpächter regelmäßig zu wenig zum Leben.“

Bei der Art der Pachtzinsbemessung gibt es keine Vorgaben und entsprechend große Vielfalt: „vom klassischen, auf den Umsatz bezogenen Pachtzins, über Rohgewinnpacht bis hin zur Festpacht“, erklärt Dr. Jutta Degenhardt, Apothekerin und Leiterin der betriebswirtschaftlichen Abteilung der Treuhand.

Den Pachtzins abzurechnen, wird aus Sicht von Bellinger immer schwieriger. „Der Muster-Pachtvertrag sieht immer noch einen pachtzinsfreien Umsatz bei packungsbezogen zu niedrigem Rohertrag vor“, erklärt er. „Das Problem ist, dass der Pächter im Zweifelsfall packungsweise nachweisen muss, dass der Mindestrohertrag unterschritten wurde – das ist aber bei der Masse fast unmöglich.“

Vor diesem Hintergrund hält Bellinger besonders Hochpreiser für gefährlich: „Deren Anteil ist zuletzt so massiv gestiegen, dass bei pauschalierten Sätzen von 4 Prozent vom Umsatz der Verpächter mehr Gewinn macht als der Pächter.“ Bellinger empfiehlt daher, feste Monatspachten zu vereinbaren. „Dann können sowohl Pächter als auch Verpächter sicher planen.“

Die Umsatzhöhe der verpachteten Betriebe ist laut Treuhand breit gestreut. „Gerade bei umsatzstarken Apotheken ist die Pacht eine gute Möglichkeit, ohne große finanzielle Verpflichtungen und langfristige Bindung eine Selbständigkeit zu testen“, so Degenhardt. „Auch im Vorfeld des Kaufes eines komplexen Apothekenbetriebes kann die Pacht geeignet sein, sich mit den Besonderheiten vertraut zu machen.“

Degenhardt weist aber auch auf die Risiken hin: „Der Einfluss zweier Parteien sorgt bei Pachtbetrieben für Konfliktpotential. Ursache sind zum Beispiel unterschiedliche Vorstellungen in puncto Unternehmensstrategie oder bei Investitionen.“ Betriebe mit geringen Umsätzen sind aus Degenhardts Sicht in der Regel nicht zur Verpachtung geeignet, „da die Rentabilität des Apothekenbetriebes zum Lebensunterhalt von zwei Familien beitragen muss“.

Neben der Verpachtung durch Apotheker oder ihre Angehörigen sieht das ApoG auch noch vor, dass Gebietskörperschaften Apotheken besitzen und verpachten. Diese Regelung stammt noch aus der Zeit, bevor das Gesetz in Kraft trat. Waren Gebietskörperschaften vor 1980 schon Besitzer einer Apotheke, dürfen sie sie weiterhin verpachten.

Eine weitere Ausnahme ist die Verwaltung. Stirbt ein Apothekeninhaber, dürfen seine Erben die Apotheke für bis zu zwölf Monate von einem Apotheker verwalten lassen. Auch wenn ein Pächter stirbt, darf der Verpächter die Apotheke ein Jahr lang verwalten lassen. In beiden Fällen müssen die zuständigen Behörden zustimmen.

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