Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Medizinal-Cannabisgesetzes sollen Online-Verschreibung und Versand von Cannabis untersagt werden. In der kommenden Woche wird der Gesetzentwurf in erster Lesung im Bundestag diskutiert. Die Bezirksapotheken Berlin erklären, die Maßnahmen seien ein wichtiger Schritt, um Medizinalcannabis als seriöses Arzneimittel durchzusetzen und Betrug und Missbrauch zu begegnen.
Kurz vor der ersten Lesung laufen die Lobbyisten von Cannabis-Industrie und Rezepthandelsplattformen Sturm. „Der bunte Mix von Argumenten, der den Online-Handel mit Scheinrezepten medizinisch begründen soll, sollte niemanden täuschen, der sich für Medizinalcannabis als seriöses Arzneimittel engagiert“, sagte Melanie Dolfen, Inhaberin der Bezirksapotheken in Berlin Mitte und Friedrichshain.
Der Gesetzentwurf begegne Betrug und Missbrauch. „Dieser Maskenball mit Rezepten, den wir seit der Teillegalisierung erleben, stellt alles infrage, was wir für Patientinnen und Patienten bei Medizinalcannabis in über zehn Jahren erreicht haben“, so Dolfen.
Die Initiative der Gesundheitsministerin sei ein wichtiger Schritt, Medizinalcannabis als seriöses Arzneimittel durchzusetzen. Dabei würde Apotheken bei der Herstellung und Qualitätssicherung eine Schlüsselfunktion zukommen – mit einer klaren Trennung zwischen Freizeit- und Medizinalcannabis, die Patientenverbände und Cannabis versorgende Apotheken schon lange fordern würden.
„Wenn der Drogenbeauftrage der Bundesregierung, Hendrick Streeck, von ‚Dealer in weiß‘ spricht, benennt er offen, was alle in der Branche wissen“, erklärte Dolfen im Hinblick auf die heftigen Reaktionen auf sein FAZ-Interview im Oktober.
„Wenn diejenigen, die seit fast zwei Jahren mit Rezeptbetrug und zu Arznei umgelabelten Freizeitcannabis viel Geld verdienen, jetzt selbstlos die Interessen der Patientinnen und Patienten verteidigen? Wer soll ihnen denn das abnehmen? Von wegen, persönlicher Arztkontakt und Versandhandelsverbot treffe die Versorgung von Schwerkranken …“
Die Bezirksapotheken hätten bereits über zehn Jahre Erfahrung in der Versorgung mit Medizinalcannabis. Nach Ansicht von Dolfen stelle der Gesetzentwurf die Weichen, dass sich Apotheken den Aufwand mit Cannabis wieder leisten können. In diesem Zusammenhang sehe sie auch die Stellungnahme vom Bundesrat, die Preisgestaltung von Medizinalcannabis über die Arzneimittelpreisverordnung zu regeln.
„Mit dem Boom der Scheinrezepte haben die Erzeuger massenhaft Cannabis in den Markt gepumpt, dass ursprünglich für den legalisierten Freizeitmarkt bestimmt war, der nicht gekommen ist. Damit haben wir einen Preisverfall bei Medizinalcannabis erlebt. Und einen Verfall der Qualitäten. Wir haben damit mehr Aufwand bei sinkenden Preisen. Das könnte sich nun wieder ändern“, so Dolfen.
Dolfen appellierte daher an die Abgeordneten: „Darum meine dringende Bitte an die Fachpolitiker:innen im Bundestag, denen in diesen Tagen die Postfächer zulaufen und die Türen eingerannt werde: Lassen Sie sich diesen sinnvollen Gesetzentwurf nicht abschwatzen!“
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