Wieler: Nicht nur auf Reproduktionszahl schauen

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Berlin -

Bei der Bewertung des Corona-Ausbruchs in Deutschland hat das Robert Koch-Institut (RKI) von einer zu starken Konzentration auf die sogenannte Reproduktionszahl abgeraten. Sie sei eine Zahl von vielen und es handle sich um einen Durchschnitt für ganz Deutschland, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler heute in Berlin. „Ich möchte wirklich nicht, dass die Debatte auf dieses R zu sehr fokussiert.” Man müsse die Daten im Gesamtbild sehen. Es werde nie so sein, dass ein Faktor allein dazu führe, dass man völlig andere Maßnahmen durchführe.

Die Reproduktionszahl wird laut RKI derzeit (Stand 27.4.) auf 1 geschätzt – ein Infizierter steckt damit im Mittel einen weiteren Menschen an. Dabei gibt es allerdings große regionale Unterschiede. Der Wert bundesweit sei gerundet, er liege genau genommen bei 0,96, erläuterte Wieler. Zuvor hatte das RKI die Zahl auf 0,9 geschätzt. Ob der Anstieg möglicherweise mit einem Effekt durch mehr Kontakte an den Osterfeiertagen zusammenhängt, könne nicht gesagt werden, so der RKI-Chef.

R sei gewiss ein wichtiger Faktor, man wolle ihn unter 1 halten, so Wieler. Je niedriger der Wert sei, desto sicherer könne man sich fühlen. Weitere zu berücksichtigende Kennzahlen seien aber auch die täglich gemeldeten Neuinfektionen, die Kapazitäten im Gesundheitssystem und die Testkapazitäten.

Das RKI hatte zuvor immer wieder betont, dass die Reproduktionszahl unter 1 liegen müsse, um die Epidemie abflauen zu lassen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte im Zuge der Ankündigung erster Lockerungen bei Corona-Maßnahmen deutlich gemacht, dass schon vermeintlich kleine Änderungen der Reproduktionszahl erhebliche Folgen haben können.

Auch der Berliner Virologe Christian Drosten hatte im NDR-Podcast gewarnt: Wenn die Reproduktionszahl nach Lockerung der Maßnahmen wieder über 1 kommen sollte, könne die Epidemietätigkeit in nicht erwarteter Wucht wieder losgehen.

 

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