Dringend gesuchte Pflegekräfte sollen mehr Kompetenzen bei der Patientenversorgung bekommen. Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) brachte dazu einen Gesetzentwurf auf den Weg, der auch attraktivere Arbeitsbedingungen schaffen soll. Unter anderem sollen Pflegefachkräfte künftig neben Ärztinnen und Ärzten mehr Leistungen eigenverantwortlich erbringen dürfen – etwa beim Versorgen von Wunden, Diabetes und Demenz.
Zu dem Referentenentwurf werden nun Verbände angehört. Er greift in aktualisierter Form ein noch vom vorherigen Minister Karl Lauterbach (SPD) angestoßenes Vorhaben auf, das durch den Bruch der Ampel-Koalition nicht mehr zustande gekommen war. Union und SPD hatten dies im Koalitionsvertrag vereinbart. Warken machte bereits deutlich: „Pflege kann mehr, als sie bislang darf.“ Die Aufgaben sollten den Fähigkeiten der Pflegekräfte mehr angepasst werden, um den Beruf attraktiver zu machen.
Eine geplante Bund-Länder-Arbeitsgruppe für eine grundlegende finanzielle Stabilisierung der Pflegeversicherung soll am 7. Juli starten. Das Gremium soll laut Koalitionsvertrag noch in diesem Jahr Vorschläge dafür vorstellen.
Lauterbach hatte bereits das Pflegekompetenzgesetz (PKG) angestoßen, dass die Pflegeberufe stärken, ihre Befugnisse ausweiten und pflegende Angehörige besser unterstützen sollte. Ebenfalls könnte eine Verordnung zur Änderung der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte eingebracht werden. Diese würde Ärzten und Therapeuten erlauben, in Kooperation mit geeigneten Einrichtungen zusätzliche ambulante Kapazitäten für vulnerable Gruppen in der psychotherapeutischen und psychiatrischen Versorgung bereitzustellen.
Je nach Ausbildungsstand sollte mehr Verantwortung bei der Wundversorgung übernommen werden, sodass Pflegekräfte dem Entwurf zufolge pflegerische Leistungen, Hilfsmittel oder sogar bestimmte Arzneimittel eigenständig hätten verschreiben dürfen. Dadurch sollte verhindert werden, dass etwa für einen Blasenkatheter oder ein spezielles Krankenbett erst die Verschreibung eines Arztes oder einer Ärztin abgewartet werden muss.
Fachkräfte mit akademischem Abschluss sollten sogar kleine Praxen leiten und bestimmte Medikamente selbst verschreiben können. Dazu sollte als neue Qualifikation die sogenannte „Advanced Practice Nurse“ (APN) eingeführt werden. Die Kassen feierten den Vorschlag Lauterbachs.
Der Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste (bpa), Bernd Meurer, stellt sich gegen den Entwurf: „Das Bundesgesundheitsministerium bringt einen nahezu unveränderten Entwurf zum Pflegekompetenzgesetz auf den Weg, ohne eigene Akzente der neuen Hausspitze.“
Problematisch sei insbesondere die geplante Schaffung eines dritten Sektors zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. „Das Stambulant-Modell ist eine regionale Inselidee und keine Hilfe bei der Lösung der Versorgungsprobleme.“ Schon bei Lauterbachs Entwurf habe es genügend Kritik gegeben. „Nun werden die Vorschläge unreflektiert wieder aus der Schublade geholt. Wir haben derzeit vor allem ein personelles Ressourcenproblem, das nicht durch die Schaffung eines weiteren Sektors gelöst wird. Im Gegenteil.“
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