„Impfen ist ein Meilenstein für die Gesellschaft“, erklärte Tino Sorge, Parlamentarische Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG), auf dem diesjährigen Tagesspiegel-Impfgipfel. Doch das komme bei der Gesellschaft nicht mehr so an. „Deshalb müssen wir tatsächlich wieder klarmachen, dass Impfen extrem wichtig ist.“ Das habe sowohl gewohnheitspolitische als auch volkswirtschaftliche Aspekte.
„Zum Impfen gehört natürlich auch, dass wir das Impfen in die Lebensrealität der Menschen bringen“, so Sorge. Die Impfraten seien nicht so, wie sie sein könnten. Als Beispiel nannte er die HPV-Impfung, die nachweislich sehr wirksam sei und trotzdem zu geringe Impfraten habe. Auch im Hinblick auf die Kosten könne man durch Prävention – eben auch Impfen – das System entlasten.
Digitale Tools rund um das Thema könnten ein „Game Changer“ sein, zum Beispiel ein digitaler Impfpass mit Erinnerungsfunktionen. Er favorisiere die Idee, den Impfpass im Rahmen der elektronischen Patientenakte (ePA) zu integrieren. „Ich weiß, es geht viel zu langsam“, so Sorge. Er wolle aber trotzdem Hoffnung machen, die ePA komme jetzt in Fahrt. Der digitale Impfpass wäre eine reale Erleichterung.
Eine Impfpflicht lehnt der CDU-Politiker klar ab: „Ich bin Impf-Fan, aber ich habe auch zu denen gehört, die eine Impfpflicht für den falschen Weg halten.“
Impfen in Apotheken werde mittlerweile von anderen Berufsgruppen ganz anders angenommen, so Sorge. Vor Corona sei noch viel Skepsis gewesen, mittlerweile befürworteten auch Ärzte die Maßnahme, zum Beispiel aus Zeitmangel. Nun sei die Aufgabe, das so zu gestalten – auch im Rahmen der Apothekenreform – die Hürden nicht zu hoch anzusetzen, sodass die Leistung tatsächlich auch leicht angeboten werden kann.
Auch Han Steutel, Präsident des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller (vfa), befürwortete, die Impfbefugnis auf Apotheken auszuweiten. Er führte zudem an, dass auch Betriebsärzte miteinbezogen werden müssten. Sorge erklärte ebenfalls, dass Anreize geschaffen werden müssten, damit Betriebsärzte nicht nur Impfungen anbieten, sondern Maßnahmen, die den Weg zum Arzt vermeiden oder erleichtern.
„Wir haben explizit in den Koalitionsvertrag mit reingeschrieben, dass die Pharmaindustrie eine Leitindustrie in Deutschland ist. Jetzt geht es auch darum, dass wir hier regulatorisch entsprechend füttern.“ Anfang November werde der Pharmadialog wieder stattfinden.
Die Standortbedingungen in Deutschland müssten, auch im Hinblick auf die Herstellungsbedingungen von Impfstoff, verbessert werden. Deutschland sei nicht mehr führend im Bereich der Impfstoffherstellung – „da wollen wir aber wieder hin“, so Sorge.
Ein großteil der Forschung und Entwicklung sei bei Impfstoffen immer noch in Europa, so Steutel. Aber auch er gab zu bedenken, dass das Wirtschaftswachstum in Deutschland nicht rosig aussehe.
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