Selbstmedikation

„Medikationsmanagement gehört in die Apotheke“

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Berlin -

Die Selbstmedikation gehört in das Medikationsmanagement, und dieses in die Hände der Apotheker. Das fordert Dr. Traugott Ullrich, Geschäftsführer des Phytoherstellers Dr. Willmar Schwabe. Er fordert Politiker auf, das Gesundheitswesen von Grund auf neu zu denken und schnell zu handeln. Dabei sollen sie die Rolle des Apothekers als Lotse im Gesundheitswesen stärken.

Durch zwei soziologische Befragungen wurde untersucht, wie Patienten mit ihren gesundheitlichen Beschwerden und der Selbstmedikation umgehen. Dabei zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen einzelnen Gruppen: Je älter die Patienten sind, desto mehr achten sie auch auf ihre Gesundheit. Gleichzeitig unternehmen sie aber weniger, um ihre Beschwerden zu lindern.

Frauen sind deutlich mehr auf ihre Gesundheit bedacht und aktiver in der Selbstmedikation als Männer. Auch die Bildung hat einen großen Einfluss darauf, in wieweit sich Patienten eigeninitiativ um ihre Gesundheit bemühen: Je höher der Bildungsstand, desto autonomer handelt der Patient.

An diese Unterschiede müsse sich das Gesundheitssystem anpassen. „Den Durchschnittspatienten gibt es nicht“, resümiert Ullrich die Ergebnisse der von seinem Unternehmen geförderten Untersuchungen. Dies müsse in der Politik auch so akzeptiert werden. Noch immer gehe man davon aus, dass der Patient unmündig sei und seine Informationen ausschließlich vom Fachwissen der Ärzte und Apotheker erhalte.

Gesundheitspolitiker sind sich bewusst, dass sich das Bild gewandelt hat, wie eine weitere Befragung zeigt. Die angestammten und gesetzlich geregelten Rollen von Arzt und Apotheker passten schon lange nicht mehr, gaben die Befragten aller Parteien in Einzelgesprächen zu. Das System werde zwar immer wieder nachjustiert, man übersehe dabei aber, dass die Patienten heute mehr Selbstverantwortung übernehmen.

„Wir erleben eine Demokratisierung des Gesundheitssystems“, so Ullrich. Das heutige System sei nicht in der Lage, das abzubilden. Derzeit werde allenfalls eine „Leichenkosmetik des Systems“ betrieben. Es müsse aber politisch dafür gesorgt werden, dass kommunikativ und therapeutisch mehr auf den einzelnen Patienten eingegangen und eine neue Gesundheitskultur geschaffen werde. Verständnis der Politik sei gut, aber es brauche auch den konzeptionellen Gestaltungswillen.

Dafür sei die Stärkung der Apotheker im System wichtig. Die medizinische Diagnostik und Therapie sei mittlerweile so komplex geworden, dass es unmöglich sei, nur einer Berufsgruppe, den Ärzten, auch noch das Medikationsmanagement aufzuerlegen. Dies gehöre klar in die Apotheke. Gleichzeitig müsse es auch einen festen Platz in der Ausbildung bekommen.

Auch die Hersteller sieht Ullrich in der Pflicht, sich den geänderten Anforderungen im Gesundheitswesen anzupassen. Man habe in der Vergangenheit immer produktorientiert gehandelt. Dies müsse sich grundlegend ändern. „Das Arzneimittel muss zukünftig der Anfangspunkt unserer Arbeit sein, nicht das Ende“, so Ullrich. Man müsse von Anfang an die Patientensicht im Auge haben und konkret auf dessen Bedürfnisse eingehen. Das beschränke sich nicht auf die Herstellung von Medikamenten, sondern müsse auch Service-Angebote umfassen.

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