Mehr Befugnisse

Pflegekräfte sollen Hilfsmittel verordnen

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Berlin -

Mehr Kompetenzen für Pflegekräfte, weniger Bürokratie – damit wollte bereits Karl Lauterbach (SPD) in der vergangenen Legislaturperiode die Pflege verbessern. Heute hat das Kabinett das im Bundesgesundheitsministerium (BMG) unter Nina Warken (CDU) angepasste Gesetz zur Befugniserweiterung und Entbürokratisierung in der Pflege beschlossen. Demnach sollen Pflegekräfte auch Empfehlungen für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel abgeben dürfen, was bisher allein Ärzt:innen vorbehalten war. Die Pläne dafür kommen nun in den Bundestag.

„In einer alternden Gesellschaft müssen wir in der Pflege für gute Arbeitsbedingungen sorgen, um mehr Menschen für den Beruf zu begeistern. Deshalb wollen wir den Jobeinstieg erleichtern. Und wir wollen Pflegekräfte halten, indem wir ihre Kompetenzen besser nutzen. Motivieren sollen sie zusätzlich unsere Pläne zum Bürokratieabbau“, so Warken zum Kabinettsbeschluss. „Jede Minute, die sich eine Pflegekraft nicht mit Formularen beschäftigt, ist eine gewonnene Minute für ihre Pflegebedürftigen.“

Was im Gesetz steht

„Pflegefachpersonen erhalten für bestimmte Leistungen die Befugnis zur eigenverantwortlichen Heilkundeausübung“, heißt es. Diese betreffen die Bereiche Diabetes, Wundmanagement und Demenz, in denen eigenverantwortlich und weisungsfrei Leistungen erbracht und verordnet werden dürfen. Voraussetzung seien heilkundliche Kompetenzen, die aber ohnehin in der dreijährigen Ausbildung oder im primärqualifizierenden Pflegestudium oder in der hochschulischen Pflegeausbildung erworben werden. Auch bundeseinheitliche, staatlich anerkannte Weiterbildungen vermittelt diese Kompetenzen.

„Der Umfang der ärztlichen Leistungen, der durch Pflegefachpersonen erbracht werden kann, wird in Verträgen durch die Selbstverwaltung unter Beteiligung der Pflegeberufsverbände konkretisiert“, heißt es weiter. Wer zu Hause gepflegt wird, soll leichter an Präventionsleistungen kommen – auch hier können die Pflegefachpersonen künftig unterstützen und beraten oder Präventionsempfehlungen aussprechen.

Auch das Betreiben neuer Wohnformen in der ambulanten pflegerischen Versorgung soll durch angepasste Gestaltungsmöglichkeiten attraktiver werden, Kommunen können sich stärker einbringen.

Der Umfang der Pflegedokumentation soll gesetzlich auf das notwendige Maß begrenzt, Prüfungen durch die Medizinischen Dienste (MD) soll früher angekündigt werden. Doppelprüfungen gilt es zu verhindern.

Beispiele aus der Praxis

Pflegefachpersonen hätten bereits in vielen Bereichen viel Kompetenz, konnten diese aber in Teilen nicht eigenverantwortlich und weisungsfrei anwenden. Im Gesetzentwurf werden beispielsweise folgende Fälle aufgeführt, denen künftig eine Hilfsmittelverordnung folgen könnte:

  • Insulindosen bei Blutzucker-Abweichungen anpassen
  • kapilläre und venöse Blutentnahmen
  • Uringewinnung zur Routinediagnostik
  • Verlaufskontrolle bei Diabetes mellitus Typ 1 und 2
  • Durchführung von Information, Beratung und Schulung, zum Beispiel zur Ernährung – hier darf künftig unterstützt werden, sofern nicht eine weitergehende Ernährungstherapie durch die dafür zuständigen Berufsgruppen indiziert ist – sowie zur Bewegung, Hautpflege und Risikominimierung bei Diabetes mellitus Typ 1 und 2
  • Management chronischer Wunden: venöse Blutentnahmen/Wundabstriche durchführen und entsprechende Laborwerte (zum Beispiel zur Kontrolle von Entzündungsparametern) bewerten
  • Durchführung von Information, Schulung und Beratung zu Themen wie Selbstpflege, Selbstmanagement, Ernährung, Druckentlastung, Prävention von Durchblutungsstörungen, Bewegungsförderung, Infektionsprävention, Körperbild, Hautschutz und Rezidivprophylaxe

Neues Berufsbild Pflegefachassistenz

Zudem wurde heute das neue Berufsbild der Pflegefachassistenz beschlossen. Das Gesetz zur Einführung einer bundeseinheitlichen Pflegefachassistenzausbildung wurde von Bundesfamilienministerin Karin Prien und Warken gemeinsam ins Kabinett eingebracht und soll zur Modernisierung der Pflege und zur Sicherung des Personalbedarfs für die Pflege beitragen.

Mit dem Pflegefachassistenzeinführungsgesetz werde ein eigenständiges, bundesweit einheitliches Berufsprofil geschaffen. Pflegefachassistent:innen können so leichter in ein anderes Bundesland wechseln; bisher 27 landesrechtlich geregelten Pflegehilfe- und Pflegeassistenzausbildungen erschwerten dies.

Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt stetig. Um sie auch in Zukunft gut versorgen zu können, brauchen wir ein breites Spektrum an beruflichen Qualifikationen“, so Warken. „Zudem sorgen wir bereits in der Ausbildung für eine angemessene Vergütung. Damit eröffnen wir neue Karrierewege sowie Anreize in der Pflege und geben Menschen eine klare berufliche Perspektive.“

Die bundeseinheitliche Regelung ist ein längst überfälliger Schritt und ein Gewinn für alle, die in der Pflege arbeiten möchten, aber keine klassische Ausbildung zur Pflegefachkraft absolvieren können oder wollen. Mehr Menschen erhalten künftig die Chance auf einen sinnvollen Beruf mit Perspektive – unabhängig von ihrer schulischen Vorbildung“, ergänzt Prien.

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