Neue Arzt/Apotheker-Gewerkschaft

Ohne Krawall kein Geld!

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Berlin -

Es reicht! Die Entwicklung im deutschen Gesundheitswesen hat Ärzte dazu gebracht, die „Deutsche Ärztegewerkschaft” zu gründen. Der neue „Kampfverband“, wie der Ärztenachrichtendienst ÄND den Zusammenschluss nennt, versteht sich als Sammelbecken für alle im Gesundheitsbereich Tätigen – neben Ärzten und Zahnärzten auch Psycho- und Physiotherapeuten sowie Apotheker.

Ein Treffen berufspolitisch erfahrener Ärzte im März in Kassel war die Initialzündung für das Projekt. „Die rund 30 dort versammelten Kollegen waren sich einig: Die beruflichen Rahmenbedingungen für unsere Arbeit haben sich in den vergangenen Jahren stetig verschlechtert. Das Honorar für die freiberuflich tätigen Ärzte und Zahnärzte ist alles andere als angemessen. Gleichzeitig werden wir durch immer mehr Reglementierungen und Gesetze in unserer Therapiefreiheit eingeschränkt”, erläutert Mitinitiatorin Dr. Ilka Enger.

Mit der Freien Ärzteschaft (FÄ), die insbesondere dem Thema E-Health kritisch gegenübersteht, kooperiert die neue Ärztevertretung bereits. Was den Hartmannbund anbetrifft, so gibt es auch hier keine inhaltlichen Differenzen. Die Mitglieder der „Deutschen Ärztegewerkschaft” sollen jedoch „die neuen Zähne sein”, so Enger. Da die etablierten Ärzteorganisationen ihren Kampfgeist verloren hätten – oder aufgrund ihrer Stellung als Körperschaften des öffentlichen Rechts nicht zu Kampfmaßnahmen aufrufen dürften – sei der Entschluss gefallen, eine neue Organisation ins Leben zu rufen, erläutert die niedergelassene Internistin aus Neutraubling. Die anderen Standesvertreter seien im Laufe der Jahre zu zahnlos, zu angepasst und zu diplomatisch geworden, so können in der Zukunft keine freiberuflichen Positionen im Gesundheitswesen durchgefochten werden.

Schon jetzt können sich Interessierte als Mitglied bei der Interessengemeinschaft Medizin (IG Med) eintragen lassen. Aus der IG Med soll dann in einem zweiten Schritt die „Deutsche Ärztegewerkschaft” hervorgehen. Laut Enger könnten hier im Frühsommer – angepeilt ist der 1. Juni – zwischen 4000 und 5000 Mitglieder an den Start gehen.

Politisch sieht sich die künftige Ärztegewerkschaft als liberal und hat Schnittmengen mit CDU, SPD und FDP, aber nicht in allen Punkten. Der Anlass zur Gründung dieser neuen Ärztegewerkschaft ist auch ein klares Nein zu den ersten Pflöcken, die der neue Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) in der Gesundheitspolitik eingerammt hat, so Enger.

Es könne nicht sein, dass bei ärztlichen und pflegerischen Leistungen sowie bei Apothekern bis zu 30 Prozent Honorareinbußen anstünden, gleichzeitig aber Beitragssenkungen für die Versicherten geplant seien. Das Geld gehöre dort ausgegeben, wo Pfleger, Ärzte, Therapeuten und Apotheker ihre Einsätze für die Patienten erbrächten. Außerdem gebe es bislang auch in der neuen Bundesregierung keine EU-kompatible E-Health-Strategie mit dem nötigen Datenschutz für Patienten, so die Internistin. Spahn hat angekündigt, Fernbehandlungen zu erleichtern.

Zahnarzt Dr. Karl-Hermann Karstens gehört ebenfalls zu den Mitinitiatoren und sieht in der neuen Interessenvertretung die Chance, endlich eine leistungsgerechte Honorierung der ärztlichen Arbeit für die Niedergelassenen zu erstreiten. Zu guter Letzt gehöre die Sozialgesetzgebung komplett auf den Prüfstand, da sie Ärzte aufgrund unzähliger Eingriffe in die Berufsfreiheit zu Bürgern zweiter Klasse mache. „Wie die vielen Rückmeldungen zeigen, haben wir mit diesen Themen auch den Nerv der Kollegen getroffen. Der Zulauf ist gut und wir sind durchaus bereit, für diese Forderungen an die Schmerzgrenze zu gehen”, so Karstens.

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