Die Bundesregierung will die Beiträge stabil halten. Die Krankenkassen rufen daher nach einem Spargesetz. Nachdem die Techniker Krankenkasse (TK) bereits eine Nullrunde für Ärztinnen und Ärzte gefordert hatte, hat der GKV-Spitzenverband die Bundesregierung jetzt in einem Papier aufgefordert, massive Einsparungen im ambulanten Bereich durchzusetzen – überall dort, wo über Honorare verhandelt wird.
Zur „dringend notwendigen Stabilisierung der Ausgabenentwicklung in der gesetzlichen Krankenversicherung“ solle der Grundsatz der Beitragssatzstabilität durch gesetzliche Änderungen gestärkt werden, heißt es zur Begründung.
Zwar haben die Verhandlungspartner der Krankenkassen und Leistungserbringer nach § 71 Sozialgesetzbuch (SGB V) ihre Vergütungsvereinbarungen schon heute grundsätzlich so zu gestalten, dass Beitragssatzerhöhungen ausgeschlossen werden: Erzielen die Kassen in einer Periode nur geringe Einkommenszuwächse, dürfen die Vertragspartner der Selbstverwaltung bei ihren nachgelagerten Honorarverhandlungen auch nur diese geringen Zuwächse aus der Vorperiode berücksichtigen. Umgekehrt führt ein stärkerer Anstieg der beitragspflichtigen Einnahmen mit entsprechendem Zeitverzug zu entsprechend höheren zulässigen Vergütungssteigerungen.
Entsprechend dürfen die von den Verhandlungspartnern vereinbarten Vergütungsveränderungen im Grundsatz die Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen je Mitglied – Grundlohnrate – nicht überschreiten.
Aus zwei Gründen werde die Grundlohnrate aktuell besonders stark steigen: Erstens seien die zeitlich begrenzten steuer- und beitragsfrei gestellten Inflationsausgleichsprämien aus den Vorjahren vielfach tarifvertraglich in beitragspflichtige Steigerungen der Löhne und Gehälter überführt worden. Zweitens steige die Beitragsbemessungsgrenze im Jahr 2025 inflationsbedingt außerordentlich um 6,5 Prozent stark an. „Infolgedessen wird für 2026 eine Grundlohnrate von mindestens 5,1 Prozent erwartet. Entsprechend hoch könnten die Abschlüsse der Vergütungsverhandlungen für 2026 ausfallen.“
„Somit droht, dass die inflationsgetriebenen Steigerungen der beitragspflichtigen Einnahmen mit großer Wucht auf die GKV-Ausgaben durchschlagen werden. Bei geringen Finanzreserven werden die Zusatzbeitragssätze trotz der vorgesehenen Darlehen an den Gesundheitsfonds weiter steigen. Um dies zu verhindern, muss entschlossen und schnell gehandelt werden, dies insbesondere, weil infolge der schwachen konjunkturellen Entwicklung und angesichts des bereits im Tariflohnniveau weitgehend berücksichtigten Inflationsausgleichs ein erneuter Zuwachs der beitragspflichtigen Einnahmen um 5 Prozent oder mehr für das Jahr 2026 ausgeschlossen scheint.“
Notwendig sei daher ein Wert, der diejenigen Einnahmen berücksichtige, die den Krankenkassen zur Deckung ihrer Ausgaben tatsächlich zur Verfügung stünden. „Sachgerecht und zielgenau ist die Veränderungsrate der Zuweisungen des Gesundheitsfonds an die Krankenkassen.“ Diese spiegele die tatsächlichen Einnahmenzuwächse wider, die den Krankenkassen vom Gesundheitsfonds im Folgejahr zur Verfügung gestellt würden. „Die Entwicklung der Ausgaben der Krankenkassen würde somit an die tatsächliche Einnahmenentwicklung desselben Jahres gekoppelt.“
Auch die Ausnahmeregelung, nach der Überschreitungen zulässig sind, wenn die damit verbundenen Mehrausgaben durch Einsparungen in anderen Leistungsbereichen ausgeglichen werden können, soll gestrichen werden. „Die Regelung ist weder praktikabel noch zielführend. Sie ist nicht praktikabel, weil die für einen Vertragsbereich zuständigen Vereinbarungspartner, gegebenenfalls Schlichter oder Aufsichtsbehörden, mögliche anderweitige Einsparungen in anderen Leistungsbereichen nicht oder nicht hinreichend quantifizieren können. Sie ist zudem nicht zielführend, weil sie die angestrebte Zielsetzung einer wirksamen Begrenzung der Ausgabendynamik konterkariert.“
Die Ärzteverbände reagieren entsetzt: „„Mit diesen Vorschlägen legt der GKV-Spitzenverband die Axt an die Versorgung der Patientinnen und Patienten in den Praxen. Konkret würde das bedeuten, dass die Praxen beispielsweise die zu Recht steigenden Gehälter ihrer Praxisteams nicht mehr finanzieren könnten. Gleichzeitig würden sie auf den Kosten für neue Versorgungsleistungen sitzen bleiben. Statt mutwillig den Rotstift bei Versorgung in den Praxen anzusetzen, braucht es endlich entschlossene Strukturreformen in den Bereichen, die seit vielen Jahren immer höhere Kosten verursachen – und das sind mit Sicherheit nicht die Praxen“, sagten etwa die Bundesvorsitzenden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes, Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth und Dr. Markus Beier.
APOTHEKE ADHOC Debatte