Effizienz, Bürokratieabbau und Prävention

Borchardt: „Richtige Reformen statt Reförmchen“

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Berlin -

Man müsse jetzt den Mut zu „richtigen Reformen“ haben, erklärte die gesundheitspolitische Sprecherin der Union, Simone Borchardt, auf dem heutigen „PKV Forum der Wissenschaft“. Gesundheit und Pflege müssten ihrer Meinung nach Chefsache sein, denn das Gesundheitswesen sei nicht nur ein treibender Wirtschaftszweig in Deutschland, sondern sei auch in allen anderen Bereichen relevant.

Das Motto der Veranstaltung „Zeit für Entscheidungen“ sei Borchardt auch persönlich ein Anspruch. „Wir brauchen Mut. Vor allem Mut in der Politik, und Klarheit, um eine Sozialpolitik zu entwickeln, die wieder Gestaltungskraft zeigt. Wo wir nicht nur verwalten, sondern anfangen, an wichtigen Stellschrauben zu drehen“, betont Borchardt.

Was es jetzt brauche, seien „richtige Reformen“ und nicht nur „Reförmchen“. Der Sozialstaat stehe an einem Wendepunkt, so die Politikerin. Die Herausforderungen seien enorm: Es gehe um Demografie, Fachkräftemangel, wachsende Kosten und steigenden Pflegebedarf. Das alles komme nun auf ein System zu, dessen Grundkonstrukt aus einer anderen Zeit stamme.

Ressourcen richtig nutzen

Eigentlich seien genug Ressourcen vorhanden, so Borchardt. Man habe viel Geld, viel Personal. „Wir setzen aber die Ressourcen nicht zeitgemäß ein und nicht so, wie wir es könnten, um eben wirklich die Versorgungsqualität zu verbessern und die Menschen richtig abzusichern.“

Dazu brauche es mutige Entscheidungen sowohl in der Rentenversicherung, der Kranken- und Pflegeversicherung bis hin zu den kommunalen Sozialleistungen.

Man habe in den vergangenen Jahren „viel Unsinn“ gemacht, der nicht unbedingt zu einer besseren Versorgung führe. Teilweise sei man nicht mutig genug, Dinge zurückzubringen und zu verändern. Es brauche einen klareren und geschärften Blick. „Ein Weiter-so darf keine Option mehr sein“, betont Borchardt. Meistens habe man kein Erkenntnisproblem. Das Problem bestehe darin, dass diese Veränderungen endlich richtig und klar angegangen werden müssten. „Das erwarten die Menschen in diesem Land von uns.“

Noch kein Herbst der Reformen

Der von Bundeskanzler Merz versprochene „Herbst der Reformen“ sei aktuell noch nicht da, sagte Borchardt. Die Reformen, die jetzt nötig seien, dürften nicht nur in die nächste Legislaturperiode tragen, sondern müssten Reformen sein, die wirklich generationenübergreifend tragen.

Man müsse das viele Geld, das im System vorhanden sei, nutzen, um die Strukturen zu verändern und jetzt auch Anschubfinanzierungen für Strukturen leisten, die in den nächsten Generationen greifen. „Wir dürfen nicht länger Symptome verwalten, sondern müssen endlich strukturelle Entscheidungen treffen, die unser System robust, gerecht und generationensicher machen.“

Einsparpotenziale im System

Die Union wolle drei Punkte im Wesentlichen in den kommenden Monaten auf den Weg bringen. Das erste sei die ehrliche und nachhaltigere Reform der sozialen Sicherungssysteme. Und das betreffe sowohl die Pflegeversicherung ebenso wie die Krankenversicherung.

Dass die Pflegeversicherung jetzt ein Darlehen von 1,7 Milliarden bekomme, sei keine Lösung. Das müsse zurückgezahlt werden. Gleichzeitig zahle der Bund der Sozialversicherung die 6 Milliarden Euro Corona-Hilfen, die entnommen worden seien, nach wie vor nicht zurück. Es brauche viele neue gesetzliche Regelungen und Mut, denn wenn im Pflegebereich nicht reagiert werde, dann gerieten Familien, Einrichtungen und auch Kommunen, denn auch diese leisteten enorme Sozialleistungen, auch bei Hilfen zur Pflege, unter Druck. „Deshalb setzen wir auch mehr Kompetenzen“, so Borchardt.

Um in Zukunft Beitragsstabilität zu erreichen – „das müssen wir“ – seien Fehlanreize abzubauen. Doppelleistung müssten verhindert werden und es müsse klar definiert werden, welche Aufgaben solidarisch und welche Steuer finanziert getragen werden sollen. Pflege und Gesundheit müssten zusammen gedacht werden.

„Wir kümmern uns um viele Themen, die natürlich wichtig sind. Außenpolitik, Verteidigung, Wirtschaft. Aber für die Menschen in diesem Land ist Gesundheit und Pflege das zweitwichtigste Thema. Und dem müssen wir auch endlich gerecht werden“, erklärt Borchardt.

In beiden Systemen müsse man effizienter werden. Es gebe Einsparpotenziale im Milliardenbereich in beiden Systemen, erklärt sie. Es gehe aber nicht darum, immer nur Geld einzusparen, sondern auch darum, dass das Geld da angelegt werde, wo Krankheiten verhindert werden könnten – sprich Prävention. Das Geld müsse im System bleiben, aber richtig angelegt werden, damit die Wertschöpfung auch in den nächsten Generationen zum Tragen komme.

Entbürokratisierung

Außerdem brauche es eine konsequente Entbürokratisierung. Teilweise könnten Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen wegen Bürokratie keine Personalressourcen freischaufeln. „Und das in einem Zeitalter der Digitalisierung“, so Borchardt.

„Wir leisten uns seit Jahren eine milliardenschwere Gematik. Und wie weit sind die da gekommen? Auch da müssen wir uns ein Stück weit ehrlich machen“, so Borchardt.

Gesundheit ist Chefsache

Das dritte große Thema sei Prävention und Gesundheitskompetenz. Hier müssten Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die Themen Gesundheit und Prävention müssten auch in die Schulen und in die Kitas getragen werden.

„Wenn Sie mich fragen, gehört das Thema Gesundheit, Prävention ins Bundeskanzleramt“, findet Borchardt. Gesundheit sei eigentlich übergreifend durch alle Ministerien relevant: Das Landwirtschaftsministerium wegen der Ernährung, Wirtschaft, denn die Gesundheitswirtschaft sei eine tragende Säule der Wirtschaft, Arbeit und Soziales, auch mit Blick auf Arbeitsunfähigkeit, und auch Wissenschaft beschäftige sich mit Gesundheit.

„Gesundheit ist eines der grundlegenden Themen unserer und kommender Generationen“, so Borchardt. Hier gelte es, alle Ressourcen zu bündeln und die Strukturen endlich so zu gestalten, dass sie effizient sind, gut ausfinanziert sind und Versorgungsqualität der Menschen tatsächlich verbessern.

Die Gesundheitspolitikerin verwies auf die zwei Kommissionen, die Konzepte zur Pflege und zur GKV-Finanzierung erarbeiteten. In der Regel habe man kein Erkenntnisproblem. „Ich bin gespannt auf die Ergebnisse“, so Borchardt.

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