Gericht stoppt Prämienprogramm

Boni-Verbot gilt für Hilfsmittel

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Berlin -

Prämien für die Vermittlung von Medizinprodukten und Arzneimitteln sind auch im Hilfsmittelmarkt unzulässig. Das hat das Landgericht Hamburg entschieden und damit einer Klage der Wettbewerbszentrale stattgegeben. Gestritten wurde um die Empfehlung von „Pflegeboxen“.

In dem Verfahren ging es um ein Prämienprogramm, das sich speziell an Pflegedienste oder Angehörige von Pflegebedürftigen richtet. Das beklagte Unternehmen vertreibt Pflegehilfsmittel. Das LG Hamburg hat untersagt, für die Vermittlung von Medizinprodukten und Arzneimitteln Prämienpunkte oder Prämien, die gegen diese Prämienpunkte eingelöst werden können, zu gewähren. Prämien im Wert von maximal 5 Euro würde das Gericht allerdings durchgehen lassen.

Das Urteil ist laut Wettbewerbszentrale rechtskräftig geworden, weil das beklagte Unternehmen seine zunächst eingelegte Berufung zurückgenommen habe.

Pflegedienstmitarbeiter:innen konnten in dem Programm Prämienpunkte für die erfolgreiche Empfehlung der Produkte des beklagten Unternehmens bei Pflegebedürftigen oder deren Angehörigen sammeln. Die Boxen enthalten Produkte, die bei der Pflege notwendig sind, wie zum Beispiel Bettschutzeinlagen oder Desinfektionsmittel. Die Abrechnung erfolgt mit der Krankenkasse des Pflegebedürftigen.

Sobald die Kostenübernahme positiv bestätigt wurde oder Selbstzahler die erste Rechnung vollständig beglichen hatten, erhielt das Pflegepersonal Prämienpunkte, die sie sammeln und gegen verschiedene Prämien eintauschen konnten.

Die Wettbewerbszentrale hatte das Prämienprogramm unter verschiedenen Gesichtspunkten wettbewerbsrechtlich beanstandet. Sie sah in den ausgelobten Prämienpunkten eine nach § 7 Heilmittelwerbegesetz unzulässige Werbegabe. Darüber hinaus vertrat sie die Auffassung, es handele sich um eine nach § 4a UWG aggressive geschäftliche Handlung, da das Vertrauensverhältnis zwischen Mitarbeitern von Pflegediensten und Pflegebedürftigen ausgenutzt werde, wenn die Pflegebedürftigen zur Bestellung der Produkte veranlasst würden, ohne dass die Prämiengewährung offengelegt würde.

Das Unternehmen bestritt die Anwendbarkeit des HWG und trug zudem vor, Prämien und Gegenleistungen seien marktüblich. Der Vorwurf, der Pflegebedürftige werde bei der Bestellung der Produkte vom Pflegedienst nicht über die Prämiengewährung aufgeklärt, sei spekulativ.

Doch nach Auffassung des LG Hamburg stellen sowohl die Prämienpunkte als auch die Prämien eine unzulässige Werbegabe im Sinne des § 7 HWG dar. Sie bezögen sich unmittelbar auf die Pflegehilfsmittelboxen, stellten also produktbezogene Werbung dar. Auch die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung sah das Gericht: „Da der Erhalt der Prämienpunkte unmittelbar mit der erfolgreichen Weiterempfehlung der Pflegehilfsmittelboxen verknüpft ist, besteht zumindest die abstrakte Gefahr, dass die Mitarbeiter der angesprochenen Pflegedienste bei der Weiterempfehlung an ihre Patienten Gesichtspunkte wie Qualität und Geeignetheit außer Acht lassen und sich allein von der Aussicht auf die spätere Einlösung der Prämienpunkte leiten lassen.“

Mit dem Argument, derartige Prämiensysteme seien in der Branche handelsüblich, konnte das Unternehmen das Gericht ebenfalls nicht überzeugen. Mit Blick auf eine der Ausnahmevorschriften in § 7 Abs. 1 HWG, nach der „geringwertige Kleinigkeiten“ zulässig sind, nahm das Gericht aber Prämienpunkte und Prämien bis zu einem Wert von maximal 5 Euro von dem Verbot aus.

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