Keine Honorarerhöhung, dafür die Neuauflage der Lauterbachschen Reformpläne: Nach der Präsentation der Eckpunkte durch Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) gärt es wieder in den Apotheken. Jetzt wird als Protestaktion ein Flashmob vor dem Brandenburger Tor vorgeschlagen – allerdings, ohne dass sich der Initiator selbst zu erkennen gibt.
„Jetzt schlägt's 13! Wie die deutsche Gesundheitspolitik die Vorort-Apotheken zerstört“, heißt es in dem anonymen Schreiben, das an mehrere Adressaten verschickt wurde. Seit mehr als zwei Jahrzehnten sei faktisch keine signifikante Anpassung des Apothekenhonorars mehr erfolgt, und dieser Negativtrend setze sich nun weiter fort, wie Warken auf dem diesjährigen Apothekertag in Düsseldorf deutlich gemacht habe. „Dies zeugt von absoluter Geringschätzung unserer Leistungen und des Berufsstandes im Ganzen! Oder wären unsere Mitarbeiter wohl bereit, für das Gehalt von vor über 20 Jahren zu arbeiten?! Wir auch nicht!“
Daher wird „jeder, der in einer öffentlichen Apotheke arbeitet und dem nur ein Minimum an seinem Beruf und dem Wohl seiner Patienten liegt“, aufgerufen, sich am Montag, dem 13. Oktober, um 13 Uhr mit Kittel am Brandenburger Tor in Berlin einzufinden und „seine Rechte einzufordern“.
Gefordert wird vor allem eine sofortige Anpassung des Apothekenhonorars auf mindestens 12 Euro. Außerdem soll es eine „rückvergütende Ausgleichszahlung für über 20 Jahre politische Untätigkeit bei der Apothekenvergütung“ geben – explizit auch für bereits geschlossene Betriebe. Um den Berufsstand dauerhaft zu stärken und zukunftssicher zu machen, soll das Fixum jährlich gemäß Inflation und Entwicklung des Mindestlohns angepasst werden. Und: Hochpreiser sollen aus der Steuerbilanz herausgenommen werden, da sie „ein massives und rapide ausuferndes Problem“ bei der Besteuerung und der Erhebung von Beiträgen etwa für Versicherungen, Steuerberater, Kammer und Verband darstellten.
Unter dem Punkt „Erweiterung unserer kaufmännischen Kompetenzen“ werden die „Aufhebung der Deckelung der Einkaufskonditionen“ sowie „sofortige Wiedereinführung eines nach oben offenen Skontos im Rx-Bereich“ gefasst. Gefordert wird außerdem eine „faire, zukunftsfähige und rückwirkend geltende Vergütung von den seit Jahren unterfinanzierten Individualrezepturen“. Denn: „Die Belieferung dringend benötigter Rezepturen zu Dumpingpreisen ist schlicht inakzeptabel!“
Bei der Abrechnung von Papier- und E-Rezepten soll es eine generelle Retaxsicherheit geben. „In keinem anderen Beruf ist eine nachweislich erbrachte Leistung derart kürzungsberechtigt!“ Impfungen sollen mit deutlich mehr als dem derzeitigen „Spottpreis“ von einem Euro pro Impfdosis vergütet werden, zusätzlich soll es eine „adäquate Bedarfsplanung und Retourenregelung“ geben. „Gerade Impfstoffe sind handlingsintensive, teure Kühlwaren, deren Bestellung, Bevorratung, Einbuchung, Distribution und Abrechnung nicht im finanzleeren Raum geschehen! Eine Kappung ab der 75sten Dosis auf 0 Euro (!!) setzt dem Ganzen noch die Krone auf! Nochmal aufwändiger: Das Handling der Covid-Impfstoffe, auch hier ist eine Anpassung dringend erforderlich!“
Schließlich wird „eine absolut restriktive Reglementierung des Versandhandels zum Erhalt der Vorort-Apotheken“ gefordert: „Wir helfen 24 Stunden, 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr – holländische Versender NICHT!“ Apotheken stellten lebensrettende Kapseln etwa für schwerkranke Kinder her und zahlten 100 Prozent der anfallenden Steuern in Deutschland. „Diesem Sachverhalt ist, gerade in Zeiten fehlender Staatseinnahmen, zwingend politisch Rechnung zu tragen!“
Der Apothekensektor sei politisch an die Wand gefahren worden. Der Appell geht in Richtung der aktuellen Koalition: „Wir haben Sie gewählt, weil Sie uns das Versprechen gaben, den Mittelstand zu stärken! Wir fordern Sie eindringlich auf, dieses Versprechen auch einzuhalten! Andernfalls entheben Sie sich jeglicher Glaubwürdigkeit!“
Der Flashmob sei weder als rechte Meinungsmache, noch als Aufruf zu Gewalt zu verstehen. Vielmehr stehe er „im Einklang mit unserem beruflichen Selbstverständnis ist eine friedliche Zusammenkunft, jedoch mit glasklarem Fokus auf die Zukunft und den Erhalt unseres Berufsstandes, sicher in allseitigem Interesse“.
Die letzten Apothekenproteste hatte es vor zwei Jahren gegeben. Nachdem die Freie Apothekerschaft zusammen mit anderen Heilberufeverbänden zur Aktion „Der letzte Kittel“ aufgerufen hatte, gab es im später einen deutschlandweiten Protesttag mit Schließungen und Demonstrationen in zahlreichen Städten. Nachdem Karl Lauterbach (SPD) die Eckpunkte seiner Apothekenreform vorgestellt hatte, schlossen sich weitere Aktionen an.