Sachsen-Anhalt

Medikationscheck kommt gut an

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Berlin -

Erstmals konnten Patienten in Sachsen-Anhalt ihre Medikation im Rahmen des Projektes „Eine Tüte Sicherheit“ von einem Apotheker prüfen lassen. Mit der Aktion wollten die Apotheker auf das Thema Polymedikation aufmerksam machen. Dr. Jens-Andreas Münch, Präsident der Landesapothekerkammer, zog bei der Kammerversammlung eine positive Bilanz: „Das Projekt war ein erster, aber sehr wichtiger Schritt, zur Einführung von Medikationsanalyse und -management.“ Allerdings könnte es bald an den nötigen Apothekern fehlen – denn die Nachwuchsgewinnung gestaltet sich als Problem.

Da sich landesweit Apotheken an der Aktion beteiligt hatten, wurde laut Münch die flächendeckende Notwendigkeit dieser Dienstleistung bestätigt. „Mir persönlich ist eine tiefe Dankbarkeit bei den Patienten aufgefallen“, berichtete Münch. „Selbst wenn keine gravierenden Probleme gefunden wurden, war den Patienten das Sprechen über ihre Medikation und Tipps zur richtigen Einnahme immens wichtig.“ Für viele habe dies Bestätigung und mehr Sicherheit im Umgang mit ihren Arzneimitteln bedeutet, erklärte der Kammerpräsident.

Das Projekt bildet Münch zufolge auch einen Baustein in der Umsetzung des Perspektivpapiers 2030. Die aktuell erprobte Medikationsanalyse gehe weit über die normale Beratung zum Arzneimittel hinaus. Im Normalfall werde hauptsächlich die richtige Anwendung des gerade abgegebenen Arzneimittels erklärt und vielleicht noch auf Interaktionen mit den Arzneimitteln in der Kundendatenbank geprüft. Viel mehr wäre laut Münch kaum zu schaffen.

„Viele Probleme in der Einnahme lassen sich mit dem Interaktionscheck in der Kundenverwaltung nicht aufdecken“, gibt der Kammperpräsident aber zu bedenken. „Zum Beispiel, wenn sich Arzneimittel mit Nahrungsergänzungsmitteln in die Quere kommen, die gar nicht aus unserer Apotheke stammen." Mit der Medikationsanalyse könnten sich Apotheker deutlich intensiver des Patienten mit seiner Gesamtmedikation und all seinen Unsicherheiten bei der Anwendung annehmen. „Wir hatten übrigens im Projektzeitraum Patienten, die täglich etwa elf Medikamente einnehmen“ , so Münch.

Diese Dienstleistung könne aber kein Apotheker nebenbei bewerkstelligen. Ein bedarfsgerechtes Angebot ginge nur mit einer angemessenen Honorierung. Die Ergebnisse des Projekts „Eine Tüte Sicherheit“ könnten aus Münchs Sicht weitere Argumente dafür liefern. Dabei sei auch deutlich geworden, wie wichtig eine enge Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker ist. Denn in der Mehrzahl der Fälle seien weder Arzt noch Apotheke umfassend über die Medikation des Patienten informiert gewesen.

Münch ist überzeugt: „Grundsätzlich sind Medikationspläne eine sinnvolle Sache.“ Er begrüßt daher auch den Entwurf zum E-Health-Gesetz und das Vorhaben, dass Patienten mit mehr als fünf Medikamenten verpflichtend einen Medikationsplan erhalten sollen. Einen „Konstruktionsfehler“ sieht er jedoch: „Bisher sollen die Hausärzte allein dafür verantwortlich sein. Doch Erfolge können sich nur einstellen, wenn sich alle beteiligten Ärzte und Apotheker als Team der Sache annehmen.“

Neben dem Medikationsmanagement war der drohende Fachkräftemangel Thema der Kammerversammlung. Klagen über fehlenden Apothekernachwuchs seien aus allen Teilen des Landes zu hören, insbesondere aus den ländlichen Regionen. Auf dem Stellenmarkt der Kammer gebe es viermal so viele Angebote wie Gesuche. Daher sucht die Kammer engen Kontakt zur Pharmazie der Martin-Luther-Universität in Halle.

Vertreter der dortigen Fachschaft berichteten über neue Ideen zur Nutzung der Ausbildungsapotheke und über das Vorhaben der Universität, mehr Studienplätze zu schaffen – obwohl es dafür weder die personellen noch räumlichen Voraussetzungen gebe. Münch kritisierte, dass die Pharmakologie-Professur inzwischen seit zehn Jahren unbesetzt sei. Ein Institut für Pharmazie ohne eigenen Lehrstuhl für Pharmakologie, der Kernkompetenz der Apotheker, sei aber nur schwer zu akzeptieren.

Die Kammervertreter zeigten sich außerdem besorgt, dass unter den Hochschullehrern in Halle immer weniger Pharmazeuten seien. So bestehe die Gefahr, dass der Bezug zur öffentlichen Apotheke nur eingeschränkt vermittelt werden könne. Das sei keine gute Ausgangslage, Nachwuchs für die Apotheken zu gewinnen.

Auch die Ergebnisse des aktuellen CHE-Hochschulrankings sprächen nicht für Halle – die Universität liegt derzeit auf Platz 19 von 22. „Solche Rankings sind mit einiger Vorsicht zu genießen“, wandte Münch ein. Ganz abtun solle man die Wertung aber nicht – gerade weil man den Pharmazienachwuchs dringend brauche. „Hier zu studieren ist eine gute Grundlage, vielleicht später auch im Land zu bleiben.“

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