„Bakterien-auf-dem-Chip“

Statt Magenspiegelung: Sensor-Kapsel zum Schlucken

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Elektronik zum Schlucken: US-Wissenschaftler haben einen Sensor entwickelt, der auf Häm reagiert und somit Magenblutungen detektieren kann.Screenshot Youtube/MIT School of Engineering
Berlin -

Patienten, bei denen ein Verdacht auf gastrointestinale Blutungen besteht, müssen sich in der Regel einer Endoskopie unterziehen. Häufig werden sie zuvor sediert. Künftig könnte das unangenehme Procedere entfallen. US-Forscher haben einen Sensor gebaut, der nach oraler Einnahme Blutungen im Magen detektiert und ein Signal sendet, das per App verfolgt werden kann.

Der Sensor ist mit gentechnisch veränderten E.coli-Bakterien ausgestattet, die auf den Häm reagieren. Der probiotische Stamm der Keime ist um einen genetischen Schaltkreis angeordnet, der bewirkt, dass die Bakterien Licht emittieren, wenn sie auf roten Blutfarbstoff treffen. Somit können Magenblutungen diagnostiziert werden, die mit bestimmten Krankheiten wie Gastritis oder Ulcus einhergehen. Dieser „Bakterien-auf-dem-Chip“-Ansatz kombiniert Sensoren aus lebenden Zellen mit einer Ultra-Low-Power-Elektronik. In der Folge wird die bakterielle Antwort in ein drahtloses Signal umgewandelt, das von einem Smartphone gelesen werden kann. So kann innerhalb relativ kurzer Zeit erkannt werden, ob es ein Blutungsereignis gab oder nicht.

„Durch die Kombination von biologischen Sensoren mit leistungsschwacher drahtloser Elektronik können wir biologische Signale im Körper und nahezu in Echtzeit erkennen und so neue Diagnosemöglichkeiten für Anwendungen im Bereich der menschlichen Gesundheit schaffen“, sagt Dr. Timothy Lu, Professor für Elektrotechnik und Informatik und des biologischen Ingenieurwesens an der Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge.

Die Wissenschaftler haben den Sensor erfolgreich an Schweinen getestet. Sie gehen davon aus, dass diese Art von Sensor entweder für den einmaligen Gebrauch eingesetzt werden oder auch mehrere Tage oder Wochen lang im Verdauungstrakt verbleiben kann, um kontinuierlich Signale zu senden. „Unsere Idee war es, Bakterienzellen in einem Gerät zu verpacken“, sagt Dr. Phillip Nadeau Nadeau, einer der Studienautoren. „Die Zellen würden gefangen sein und die Fahrt mitmachen, während das Gerät durch den Magen geht.“ Die Studienergebnisse sind im Fachjournal „Science“ nachzulesen.

Der Sensor ist maßgeschneidert und ein etwa 1,5 Zoll langer Zylinder. Er benötigt etwa 13 Mikrowatt Leistung. In ihm werden die Bakterien in vier Vertiefungen platziert. Bedeckt von einer semipermeablen Membran, können kleine Moleküle aus der Umgebung diffundieren. Unter jeder Vertiefung befindet sich ein Fototransistor, der die von den Bakterienzellen produzierte Lichtmenge misst und die Informationen an einen Mikroprozessor weiterleitet, der wiederum ein drahtloses Signal an einen Computer oder ein Smartphone in der Nähe sendet. Die Forscher entwickelten auch eine App, mit der die Daten analysiert werden können. Um die Technologie alltagstauglich zu machen, planen die Wissenschaftler, die Größe des Sensors zu reduzieren und zu untersuchen, wie lange die Bakterienzellen im Verdauungstrakt überleben können. Sie hoffen auch, Sensoren für andere Magen-Darm-Erkrankungen als Blutungen zu entwickeln.

Zusätzlich zur Blutmessung haben die Forscher bereits bekannte Sensoren für zwei weitere Moleküle angepasst, um die Biomarker Thiosulfat und Acyl-Homoserin-Lakton (AHL) zu erkennen. Thiosulfat ist mit Entzündungen verbunden und könnte zur Überwachung von Patienten mit Morbus Crohn oder anderen entzündlichen Erkrankungen eingesetzt werden. AHL dagegen ist ein bakterielles Signalmolekül, das als Marker für gastrointestinale Infektionen dienen kann, da verschiedene Arten von Bakterien leicht unterschiedliche Versionen des Moleküls produzieren.

Den Forscher zufolge könnten die Sensoren auch so konstruiert sein, dass sie mehrere Bakterienstämme tragen, so dass sie eine Vielzahl pathogener Zustände diagnostiziert können. „Im Moment haben wir vier Erkennungsorte, aber wenn Sie es auf 16 oder 256 erweitern könnten, dann könnten sie mehrere verschiedene Arten von Zellen haben und in der Lage sein, alle parallel zu lesen, was einen Hochdurchsatz-Screening ermöglicht“, so Nadeau.

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