Nutzenbewertung

IQWiG: Xultophy und Brintellix fallen durch

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Berlin -

Ungeeignete Studien: Xultophy und Brintellix sind beim Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) an der Vergleichstherapie gescheitert. Die Prüfer konnten daher keinen Zusatznutzen feststellen; die beiden betroffenen dänischen Hersteller hoffen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Sache anders sieht.

Xultophy enthält den Tresiba-Wirkstoff Insulin degludec sowie Liraglutid, das als Monopräparat unter dem Namen Victoza vermarket wird. Während Victoza seit 2009 auf dem Markt ist und nicht wie geplant als eines der ersten Produkte des Bestandsmarkts geprüft wurde, fiel Tresiba in der Nutzenbewertung bereits durch und soll im September vom Markt verschwinden.

Zugelassen ist Xultophy zur Behandlung von Diabetes Typ-2 bei Erwachsenen in Kombination mit oralen Antidiabetika, wenn diese allein oder in Kombination mit einem GLP-1-Rezeptor-Agonisten oder Basalinsulin den Blutzuckerspiegel nicht ausreichend regulieren. Laut IQWiG hat der Hersteller Novo Nordisk keine für die Bewertung geeigneten Studien vorgelegt.

So habe das Design der maßgeblichen Studien zu einem unfairen Vergleich geführt: Statt der geforderten Kombination mehrerer oraler Antidiabetika erhielten mehr als drei Viertel der Probanden der ersten Studie vor Beginn der Therapie lediglich Metformin; der Rest wurde zusätzlich mit Pioglitazon behandelt, das aber in Deutschland nicht erstattungsfähig und daher für die Nutzenbewertung nicht relevant sei.

Außerdem wurden die Patienten im Kontrollarm nicht so behandelt, wie der G-BA gefordert hatte: nämlich zusätzlich mit Humaninsulin. Sie erhielten stattdessen Tresiba; da der Hersteller aber nicht gezeigt habe, dass die Behandlungsergebnisse übertragbar seien, könnten sie für die Bewertung nicht herangezogen werden, so das IQWiG.

Auch beim Vergleich gegenüber der Kombination mit einem Basalinsulin wurde den Prüfern zufolge die zweckmäßige Vergleichstherapie nicht umgesetzt, da im Kontrollarm die Behandlung mit Insulin glargin und Metformin unverändert fortgeführt und lediglich die Dosis analog zum Interventionsarm titriert wurde. Dieses Vorgehen sei nicht sinnvoll und führe zu einem unfairen Vergleich, da die Behandlung ja offensichtlich unzureichend war. Die Leitlinien empfehlen, die Strategie nach drei bis sechs Monaten zu verändern und die Insulintherapie zu intensivieren, wenn die Blutzuckerzielwerte nicht erreicht werden. Dies sei aber nur in der Verumgruppe geschehen.

Bei Brintellix hatte der G-BA hat in Abhängigkeit vom Schweregrad der Erkrankung zwischen drei Patientengruppen differenziert und jeweils verschiedene zweckmäßige Vergleichstherapien festgelegt: keine Arzneimitteltherapie für leichte Episoden einer Depression, ein Antidepressivum aus der Wirkstoffgruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) für mittelgradige sowie eine Kombination aus einem SSRI und einem Angebot einer Psychotherapie für schwere Episoden.

In seinem Dossier bearbeitete Lundbeck ausschließlich die Akuttherapie. Für die Untergruppe der leichten Episoden legte der Konzern keine Studien vor. Mittelgradige und schwere Episoden, für die der G-BA einen SSRI beziehungsweise einen SSRI plus Angebot einer Psychotherapie als zweckmäßige Vergleichstherapie vorgegeben hatte, stellte der Hersteller jeweils dem Wirkstoff Citalopram gegenüber, ohne die Psychotherapie zu berücksichtigen.

Mangels direkt vergleichender Studien führte der Hersteller laut IQWiG einen adjustierten indirekten Vergleich mit Studien durch, in denen entweder Vortioxetin oder Citalopram jeweils gegen Placebo getestet worden waren. Zwar identifizierte er 14 Studien mit Vortioxetin und 10 mit Citalopram, bezog jedoch nur 3 beziehungsweise 4 dieser Studien in die Metaanalyse ein, ohne dass diese maßgebliche Einschränkung überzeugend begründet und angemessen war. Damit sei aber die Evidenz nur unvollständig berücksichtigt worden, weshalb sich aus den Ergebnissen kein Zusatznutzen ableiten lasse, so das IQWiG. Der Vergleich mit Agomelatin wurde vom IQWiG nicht berücksichtigt.

Beide Präparate sind seit 1. Mai auf dem deutschen Markt. Xultophy kostet 305 Euro für die Packung à 5x3 ml, bei Brintellix werden je nach Wirkstärke bis zu 388 Euro fällig.

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