Klinische Forschung

EMA legt Studienberichte offen

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Berlin -

Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) erlaubt ab Januar mehr Einblicke: Der Verwaltungsrat hat entschieden, klinische Studienberichte, die für die Zulassung von Medikamenten eingereicht werden, zu veröffentlichen. Der Entscheidung waren 18 Monate dauernde Diskussionen zwischen Fachleuten der Gesundheitsberufe, Forschern und der Industrie voraus gegangen.

In der ersten Phase werden klinische Berichte veröffentlicht. Laut dem EMA-Verfahren beinhalten diese eine Übersicht, eine Zusammenfassung, die klinischen Studienberichte (CSR) und die Anlagen, also Protokoll und Protokoll-Änderungen. Zudem sind ein Bericht über die Proben und die Dokumentation der statistischen Methoden enthalten.

Perspektivisch plant die EMA, auch die individuellen Patientendaten zugänglich zu machen. Wegen rechtlicher und technischer Probleme will die Behörde aber zuvor Patienten, Angehörige der Gesundheitsberufe, der Wissenschaft und der Industrie konsultieren. Die Privatsphäre der Patienten müsse ausreichend geschützt sein, heißt es.

Die Studiendaten können künftig am Bildschirm eingesehen, heruntergeladen, gespeichert und gedruckt werden. Die reine Bildschirmansicht kann jeder Anwender mit einem einfachen Registrierungsprozess nutzen, die Daten herunterladen können nur identifizierte Nutzer. Dazu müssen sie etwa Name, Geburtsdatum, Personalausweis-Nummer und Ablaufdatum, die Zugehörigkeit und Position innerhalb einer Organisation angeben.

Veröffentlicht werden alle Daten, die ab dem 1. Januar 2015 eingereicht werden. Studiendaten, die vorher eingereicht werden, unterliegen nicht den neuen Regelungen. Sobald die Entscheidung über eine Zulassung gefallen ist, werden die Berichte frei gegeben. Für Indikationserweiterungen bereits zugelassener Medikamente gilt der Stichtag 1. Juli 2015. Das Maß der Transparenz sei beispiellos, sagte Guido Rasi, geschäftsführerender Direktor der EMA: Die neue Politik werde die EU-Verordnung über klinische Studien, die nicht vor Mai 2016 in Kraft treten werde, ergänzen.

Mit der neuen Politik erhofft sich die EMA mehr Vertrauen in ihre Arbeit. Die Öffentlichkeit könne die Entscheidungsfindung der Behörde nun besser nachvollziehen. Zudem könnten Wissenschaftler die Daten überprüfen, Redundanz von klinischen Studien werde verhindert und die Entwicklung neuer Medikamente gefördert.

Für kommerzielle Zwecke dürfen die Berichte nicht genutzt werden, heißt es von der EMA. Die veröffentlichten Daten würden generell keine wirtschaftlichen vertraulichen Informationen enthalten. Daten, die als kommerziell vertraulich eingeschätzt würden, könnten in Einzelfällen unkenntlich gemacht werden.

Industrieverbände wie etwa der US-Pharmaverband PhRMA hatten sich gegen eine uneingeschränkte Transparenz ausgesprochen. Die Veröffentlichung kommerziell vertraulicher Daten aus einer Marktzulassung widerspreche den international geltenden Schutzrechten für geistiges Eigentum der Welthandelsorganisation, hieß es.

Im Mai war die EMA kurzzeitig von ihren Plänen abgewichen: Die Unterlagen sollten nur nach Anmeldung einsehbar sein, nicht aber gedruckt oder heruntergeladen werden können. Der finale Entwurf im Juni beinhaltete dann doch die uneingeschränkte Nutzbarkeit von Klinischen Studiendaten.

Der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (VfA) begrüßt die Entscheidung. Für die Unternehmen seien Bestimmungen zur Wahrung von Geschäftsgeheimnissen und zur Abwehr kommerziellen Missbrauchs besonders wichtig, heißt es. „Ob die hierfür in der Policy enthaltenen Bestimmungen ausreichen, wird sich noch erweisen müssen.“

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